Dez 23

Urteil des Amtsgerichts Tiergarten wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte aufgehoben

KAMMERGERICHT
Beschluss

Geschäftsnummer:
(3) 161 Ss 27/13 (21/13)
ln der Strafsache gegen
……,
geboren am … in B.,
wohnhaft in 10969 B., ….,

Verteidiger: Rechtsanwalt Olav Sydow, Mehringdamm 32, 10961 Berlin

wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte u. a.
hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 13. Februar 2013 einstimmig beschlossen:

Auf den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichtes
wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 13. Dezember 2012
aufgehoben.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten
vom 10. September 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen
aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die
Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten
zurückverwiesen.

Gründe:

Durch Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 10. September 2012 wurde der Angeklagte
wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung
in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung
zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Gegen das in Anwesenheit
des Angeklagten verkündete Urteil legte Rechtsanwalt Sydow namens und in Vollmacht
des Angeklagten mit Faxschreiben vom 17. September 2012 Rechtsmittel ein.

Nach der am 15. Oktober 2012 erfolgten Zustellung des Urteils wurde das Rechtsmittel
mit am 17. Oktober 2012 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers
als Revision bezeichnet. Mit einem beim Amtsgericht per Fax am 15. November
2012 eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers begründete dieser die Revision
und rügte, die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Nachdem dieses
Faxschreiben vom Amtsgericht nicht zur Akte genommen, sondern vielmehr an die
Staatsanwaltschaft Berlin weitergesandt worden war, verwarf das Amtsgericht Tiergarten
mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 die Revision des Angeklagten nach §
346 Abs. 1 StPO als unzulässig mit der Begründung, dass die Revisionsanträge erst
am 16. November 2012, also zu spät angebracht worden seien. Nach Zustellung dieses
Beschlusses am 19. Dezember 2012 beantragte der Verteidiger mit einem beim
Amtsgericht am 21. Dezember 2012 eingegangen Schriftsatz die Entscheidung des
Kammergerichts, hilfsweise dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren.

1 . Der zulässige, insbesondere nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO fristgemäß eingegangene
Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts führt zur Aufhebung des
Beschlusses vom 13. Dezember 2012, da die Revisionsanträge (-begründung) nicht
wie im angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts aufgeführt erst am 16. November
2012, sondern vielmehr bereits zweifellos am 15. November 2012 und damit innerhalb
der Frist gemäß § 345 Abs. 1 StPO beim Amtsgericht angebracht worden waren.

2. Die rechtzeitig eingelegte und begründete Revision des Angeklagten, mit der er
die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat auch mit der zulässigen
Sachrüge (vorläufig) Erfolg.

Das Urteil ist bereits deshalb aufzuheben, da die den getroffenen Feststellungen
zugrunde liegende Beweiswürdigung nicht den sich aus § 267 StPO ergebenden Anforderungen
entspricht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senates muss nach § 261 StPO im Rahmen
der Beweiswürdigung das Gericht die in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung
des Angeklagten sowie die Aussagen von Zeugen und sonstige Beweismittel
zur Bildung seiner, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung
verwerten. Bei einem die Schuldvorwürfe bestreitenden Angeklagten sind deshalb
die Äußerungen der Zeugen neben der Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten
im Urteil auszuführen und zu würdigen, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob
die tatrichterliche Beurteilung auf rechtlich zutreffenden Erwägungen beruht (vgL Senat
Beschluss vorn 9. Oktober 2000- (3) 1 Ss 154/00 (53/00) – in Juris). Dem wird
das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar gibt es kurz die Einlassung des Angeklagten
wieder und, stellt fest, dass dieser die Tatvorwürfe bestritten und lediglich die
geäußerten Beleidigungen eingeräumt habe und seine Angaben widerlegt würden
durch die Aussagen acht namentlich benannter Zeugen. Deren Aussagen werden
jedoch weder konkret ausgeführt noch im Einzelnen gewürdigt. Vielmehr wird lediglich
pauschal festgestellt, dass diese Zeugen „den Sachverhalt wie oben festgestellt
geschildert haben“, ihre Angaben glaubhaft seien, denjenigen, die sie bereits im Ermittlungsverfahren
gemacht hätten, entsprächen und kein Grund ersichtlich sei, dass
die Zeugen den ihnen ansonsten unbekannten Angeklagten zu Unrecht belasten sollten.
Dies allein ist unzureichend.

Der Senat hebt daher das Urteil auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück.
Auf die weiteren mit der Revision erhobenen Rügen kommt es daher nicht mehr an.