Pflichtverteidigung

In Strafverfahren hat ein Beschuldigter bzw. Angeklagter in bestimmten Situationen ein Recht darauf, das ihm das Gericht einen Strafverteidiger als Pflichtverteidiger beiordnet. Die Beiordnung hat gemäß § 45 Abs. 3 RVG zur Folge, dass die Tätigkeit des Verteidigers von der Landeskasse bzw. Staatskasse bezahlt wird.

Wir übernehmen selbstverständlich auch als Pflichtverteidiger Ihre Verteidigung und können Ihnen auf Anfrage gerne auch schon vorab telefonisch oder per email mitteilen, ob die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigung vorliegen.

In Strafverfahren gegen Erwachsene ist dies in § 140 StPO geregelt, in Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende in § 68 JGG.

Danach wird ein Pflichtverteidiger u.a. dann bestellt, wenn

die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet oder

dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder

gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird oder

der Beschuldigte sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird oder

dies wegen der Schwere der Tat oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage geboten ist oder ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Dazu einige Beispiele: eine Beiordnung erfolgt u.a. in der Regel dann, wenn

  • die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr oder mehr droht oder
  • die vorgeworfene Straftat während einer laufenden Bewährung begangen worden sein soll und bei einer neuen Verurteilung ein Widerruf der Bewährung in der anderen Strafsache droht oder
  • wenn der Geschädigte dem Strafverfahren beigetreten ist und durch einen Opferanwalt vertreten wird oder
  • bei Entnahme einer Blutprobe ohne richterliche Anordnung und ohne Einwilligung des Beschuldigten, da insoweit zu klären ist, ob ein Verwertungsverbot des Blutalkoholgutachtens anzunehmen ist oder
  • im Fällen von sog. Führerscheintourismus, wenn es um eine Anklage wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis geht oder
  • bei Ausländern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sofern es sich nicht um einen einfachen Sachverhalt handelt oder
  • aus Gründen des fairen Verfahrens, wenn einem Mitangeklagten ein Pflichtverteidiger beigeordnet wurde oder
  • wenn einer der Hauptbelastungszeugen ein enger Familien-angehöriger ist und die Interessen des Angeklagten an seiner Verteidigung mit den Interessen in der Familie kollidieren oder
  • wenn ein psychiatrisches Sachverständigengutachten über die Frage der Schuldfähigkeit eingeholt wird oder
  • für die Verteidigung die Kenntnis der Strafakte notwendig ist, z.B. weil mehrere Belastungszeugen bei der Polizei teilweise widersprüchliche Angaben zum Tatgeschehen gemacht haben und Vorhalte aus den verschiedenen Vernehmungsprotokollen in der Hauptverhandlung notwendig werden oder
  • wenn der Angeklagte Analphabet ist oder wegen einer Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie) nicht in der Lage ist, zur Vorbereitung seiner Verteidigung den Akteninhalt mit zumutbarem Aufwand selbst zu erfassen