BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IV ZR 508/14

vom 5. Juli 2017

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz

am 5. Juli 2017

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. November 2014 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 110.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger, der zuletzt in der Produktion eines Automobilherstellers und früher auch als Testfahrer beschäftigt war, fordert Leistungen aus zwei bei der Beklagten gehaltenen, in einem Fall als Zusatzversicherung zu einer Rentenversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherungen wegen einer behaupteten Erkrankung an Morbus Bechterew.

Die zugrundeliegenden Versicherungsanträge wurden im Mai 2010 von einem Versicherungsvertreter der Beklagten, mit dem der Kläger persönlich bekannt war, aufgenommen, wobei der Versicherungsvertreter nach mündlicher Befragung des Klägers die Eintragungen in den Antragsformularen vornahm. In beiden Antragsformularen wurden sämtliche Gesundheitsfragen (unter anderem nach ärztlichen Beratungen, Behandlungen und Untersuchungen wegen Krankheiten und Beschwerden während der letzten fünf Jahre, insbesondere auch Rückenbeschwerden) mittels Ankreuzen des „Nein“-Formularfeldes beantwortet. Beide Anträge enthalten den Passus:

„Auch dann, wenn die obigen Gesundheitsfragen korrekt verneint wurden, ist oftmals ein Arzt vorhanden, der über Ihre Gesundheitsverhältnisse informiert ist (z.B. Vorsorgeuntersuchung, Erkältungserscheinung). Falls Sie keinen Arzt angeben, bestätigen Sie bitte, dass in den letzten 5 Jahren kein Arztbesuch stattgefunden hat (Zahnarztbesuche müssen nicht angegeben werden).“

Darunter ist jeweils das Kästchen mit der Antwort „ja, ich habe keine Ärzte aufgesucht“ angekreuzt.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger bereits 1999 eine Bandscheibenprotrusion erlitten, in den fünf Jahren vor Antragstellung insgesamt zehnmal seine Hausärztin wegen Rückenbeschwerden aufgesucht und sich allein in den letzten sieben Monaten vor Antragstellung fünfmal in ärztliche Behandlung begeben, davon dreimal wegen Rückenbeschwerden. Bereits Ende 2008 war es zu einer Facharztüberweisung, einer Krankschreibung und ärztlichen Behandlungen, unter anderem Infiltrationsbehandlungen im Rückenbereich, gekommen. Im Januar 2010 hatte eine Notfallbehandlung des Klägers in einem Krankenhaus stattgefunden. Etwa drei Monate vor Antragstellung war er wegen Lumboischialgie an Fachärzte überwiesen und für zwei Wochen krankgeschrieben worden. Am 1. Februar 2010 hatte auch eine computertomographische Untersuchung stattgefunden. Unter dem 24. Februar 2010 hatte die Hausärztin des Klägers eine „Lumboischialgie durch Bandscheibenschaden, Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus bei Bandscheibenschäden“ dokumentiert. Dem Kläger waren schmerz- und entzündungshemmende Medikamente verordnet worden.

Anfang Juli 2011 erhob der Kläger Anspruch auf Versicherungsleistungen. Nach Ermittlung der vorgenannten Umstände focht die Beklagte mit Schreiben vom 13. Februar 2013 beide Versicherungsverträge wegen arglistiger Täuschung an und erklärte sich für leistungsfrei.

Der Kläger behauptet, dem mit ihm bekannten Versicherungsvertreter auf entsprechende Fragen erklärt zu haben, er sei wegen Rückenschmerzen in Behandlung gewesen, allerdings sei bei den Untersuchungen nichts herausgekommen, die Ärzte hätten ihn wie einen Simulanten behandelt. Die Entscheidung, ob die Gesundheitsfragen in den Anträgen mit „ja“ oder „nein“ beantwortet worden seien, habe der Versicherungsvertreter getroffen. Der Kläger begehrt – jeweils beginnend ab Oktober 2011 – monatliche Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 1.300 €, ferner die Feststellung, dass er in beiden Versicherungen keine Beiträge mehr schulde. Weiter erstrebt er die Feststellung, dass die Arglistanfechtung beider Verträge unwirksam sei.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

II. Das Rechtsmittel führt zur Zulassung der Revision und gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Dieses hat die von der Beklagten erklärte Arglistanfechtung für beide Versicherungsverträge durchgreifen lassen. Die Angaben in den Antragsformularen seien objektiv falsch gewesen; der Kläger habe nicht nur alle Gesundheitsfragen mit „nein“, sondern auch die Antwort „ja, ich habe keine Ärzte aufgesucht“ vom Versicherungsvertreter ankreuzen lassen, obwohl dies – wie er selbst einräume und sich aus der festgestellten Krankengeschichte ergebe – unzutreffend gewesen sei.

Der Kläger habe auch arglistig gehandelt. Er habe selbst eingeräumt, gegenüber dem Versicherungsvertreter die CT-Untersuchung verschwiegen und lediglich angegeben zu haben, wegen Rückenbeschwerden in Behandlung gewesen zu sein und dass dabei „nichts herausgekommen“ sei. Das reiche nicht aus. Der Kläger hätte erwähnen müssen, seit einer Bandscheibenprotrusion im Jahre 1999 auch im nachgefragten Zeitraum wegen wiederkehrender Rückenbeschwerden wie festgestellt ärztlich behandelt worden zu sein. Im Übrigen habe die letzte Krankschreibung des Klägers vom 8. bis 30. April 2010 gedauert, mithin erst zehn Tage vor Beantragung der Versicherungsverträge geendet.

Damit habe der Kläger gegenüber dem Versicherungsvertreter bewusst einen unzutreffenden Eindruck über seinen Gesundheitszustand hervorgerufen; nicht der Versicherungsvertreter, sondern der Kläger habe seine Beschwerden bagatellisiert und wahrheitswidrig behauptet, von den Ärzten nicht behandelt, sondern als Simulant weggeschickt worden zu sein. Das habe dem Ziel gedient, den Vertragsabschluss zu ermöglichen oder zu erleichtern. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass der Versicherungsvertreter die Gesundheitsfragen in den Antragsformularen verneint habe; die Beklagte sei vielmehr dadurch getäuscht worden, dass der Kläger seine zahlreichen Arztbesuche und die erfolgten ärztlichen Maßnahmen nicht einmal im Ansatz richtig dargestellt habe.

Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte die Beklagte die Verträge nicht zu den gewährten Bedingungen geschlossen. Die „Volkskrankheit“ Rückenschmerzen stelle in der Berufsunfähigkeitsvorsorge einen erheblichen Umstand für die Gewährung von Versicherungsschutz dar.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

a) Bereits seine Annahme, der Kläger habe die Gesundheitsfragen in den Antragsformularen objektiv unrichtig beantwortet, weil die Angaben in den Antragsformularen objektiv falsch waren und er die entsprechenden Fragen mit „nein“ habe beantworten und darüber hinaus den Passus „ja, ich habe keine Ärzte aufgesucht“ habe ankreuzen lassen, verkennt die in der so genannten Auge- und Ohr-Rechtsprechung des Senats (vgl. nunmehr § 70 Satz 1 VVG) entwickelten Maßstäbe.

aa) Danach steht der empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent bei Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden (ständige Rechtsprechung, Senatsurteile vom 24. November 2010 – IV ZR 252/08, r+s 2011, 58 Rn. 25; vom 10. Oktober 2001 – IV ZR 6/01, VersR 2001, 1541 unter II 1 a; vom 11. November 1987 – IVa ZR 240/86, BGHZ 102, 194, 197). Hat der Agent etwas, was ihm der Antragsteller auf die Fragen wahrheitsgemäß mündlich mitgeteilt hat, nicht in das Antragsformular aufgenommen, so hat der Antragsteller seine Anzeigeobliegenheit gleichwohl gegenüber dem Versicherer erfüllt (Senatsurteile vom 24. November 2010 aaO; vom 18. Dezember 1991 – IV ZR 299/90, BGHZ 116, 387, 389).

bb) Demgemäß genügt es selbst zum Nachweis einer objektiven Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit nicht, dass die im Antragsformular schriftlich festgehaltenen Antworten auf Antragsfragen – wie hier die Angaben zum Gesundheitszustand des Klägers – objektiv falsch sind. Der Versicherer kann allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht hat, sofern dieser – wie hier – substantiiert behauptet, den Agenten mündlich über Vorerkrankungen, ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen unterrichtet zu haben (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2010 aaO Rn. 26; vom 27. Februar 2008 – IV ZR 270/06, VersR 2008, 765 Rn. 7; vom 23. Mai 1989 – IVa ZR 72/88, BGHZ 107, 322, 325). Dann muss der Versicherer darlegen und – im Regelfall durch Aussage seines Agenten – beweisen, dass der Agent dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen zu eigenverantwortlicher (mündlicher) Beantwortung vorgelesen hat (Senatsurteil vom 13. März 1991 – IV ZR 218/90, r+s 1991, 151 unter 2 b). Maßgeblich für die Frage, ob der Versicherungsnehmer – auch objektiv – falsche Angaben gemacht hat, sind in einem solchen Falle allein die Angaben, die er gegenüber dem Agenten mündlich gemacht hat. Das verkennt das Berufungsgericht, soweit es ohne weitere Begründung ausführt, der Kläger habe die Antworten in den Antragsformularen „ankreuzen lassen“, denn damit hat es sich den Blick dafür verstellt, dass Urheber der schriftlichen Antworten auf den Antragsformularen in erster Linie der Versicherungsvertreter war. Dass er im Antragsformular die Fragen nach Vorerkrankungen verneinte, ist – für sich genommen – unerheblich. Es kommt allein auf die mündlichen Erklärungen des Klägers an. Ob und inwieweit der Agent vom Kläger zur Erklärung objektiv falscher Antworten bestimmt worden war, so dass die objektiv falschen Angaben im Antragsformular dem Kläger zuzurechnen wären, hätte das Berufungsgericht anhand der vom Kläger gegenüber dem Versicherungsvertreter gemachten Angaben klären müssen.

b) Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht unter Berücksichtigung einer Gesamtschau der Urteilsgründe als richtig.

Allerdings hat das Berufungsgericht bei Prüfung der subjektiven Voraussetzungen der Arglist dargelegt, der Kläger habe mittels seiner Angaben gegenüber dem Versicherungsagenten bei diesem bewusst einen unzutreffenden Eindruck über seinen Gesundheitszustand hervorgerufen. Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht habe ergeben, dass nicht der Versicherungsvertreter, sondern der Kläger seine Beschwerden bagatellisiert und wahrheitswidrig behauptet habe, die Ärzte hätten ihn nicht behandelt, sondern vielmehr als Simulanten weggeschickt.

aa) Diese Wertung beruht indes – wie die Revision im Rahmen einer Gehörsrüge zu Recht beanstandet – auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage, weil das Berufungsgericht bei seiner Beweiswürdigung wesentlichen Klägervortrag übergangen und damit das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

(1) Der Versicherungsagent der Beklagten hat als Zeuge vor dem Landgericht unter anderem ausgesagt, ihm sei bekannt gewesen, dass der Kläger wegen Rückenschmerzen ärztlich untersucht worden sei. Er habe den Kläger deshalb gefragt, ob etwas dabei herausgekommen sei, was der Kläger verneint habe, wobei er sich sogar noch aufgeregt habe, weil sein Arzt ihn als Simulanten hingestellt habe. In die Formulare habe er, der Zeuge, dies nicht aufgenommen, weil er nichts mehr versichern würde, wenn er das in jedem Fall machte. Soweit er wisse, habe der Kläger nichts verschrieben und auch keine Behandlung bekommen, es sei nichts gewesen, deshalb sei der Kläger in seinen Augen gesund gewesen.

Soweit der Zeuge bekundet hat, er habe die Information des Klägers über Rückenbeschwerden und ärztliche Untersuchungen nicht in die Anträge aufgenommen, weil er nichts mehr versichern würde, wenn er das in jedem Fall machte, handelt es sich um eine dem Kläger günstige Aussage, weil sie den Schluss nahelegt, dass der Zeuge, dessen Verhalten – das umfassende Ankreuzen aller „nein“-Kästchen der Gesundheitsfragen – angesichts der vom Kläger gegebenen Informationen (Arztbesuche wegen Rückenbeschwerden) ohnehin schwer nachvollziehbar ist, die unzutreffenden Angaben in den Anträgen nicht infolge eines vom Kläger hervorgerufenen Irrtums über die Schwere der Erkrankung, sondern im Bewusstsein um die Risikorelevanz der vom Kläger gemachten Angaben aus eigenem wirtschaftlichen Interesse am Vertragsschluss machte.

(2) Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt voraus, dass der Irrtum des Erklärenden und seine Willenserklärung kausal durch die Täuschung des Anfechtungsgegners bewirkt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 24. November 2010 – IV ZR 252/08, r+s 2011, 58 Rn. 19). Insoweit hat das Berufungsgericht bei der Prüfung, wodurch die Täuschung der Beklagten bewirkt wurde, verkannt, dass sich nach allgemeinem Grundsatz eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991 – VI ZR 102/90, VersR 1991, 467 unter II 3 b; Beschlüsse vom 10. November 2009 – VI ZR 325/08, r+s 2010, 83 Rn. 5; vom 1. Juli 2014 – VI ZR 243/10, juris Rn. 8).

(3) Die Nichtberücksichtigung des für den Kläger günstigen Beweisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, inwieweit der Kläger die Beklagte über seinen Gesundheitszustand bei der Vertragsanbahnung arglistig getäuscht hat, erhebliches Vorbringen übergangen und damit das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat.

bb) Der aufgezeigte Verfahrensfehler ist auch entscheidungserheblich, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass über die Klage bei Erörterung der zitierten Zeugenaussage anders entschieden worden wäre.

Selbst wenn – wie das Berufungsgericht dem Kläger anlastet – der Kläger Details zu seinen ärztlichen Untersuchungen, insbesondere, dass auch eine CT-Untersuchung stattgefunden hatte, gegenüber dem Versicherungsvertreter nicht erwähnt haben sollte, bedarf angesichts des vom Kläger gegebenen Hinweises auf Rückenschmerzen und infolgedessen stattgefundener Arztbesuche der Umstand einer plausiblen Erklärung, weshalb der Agent in den Antragsformularen jegliche Beschwerden und Arztbesuche verneinte. Die vom Berufungsgericht gefundene Bewertung, der Kläger habe seine Rückenschmerzen unter anderem mit der Bemerkung bagatellisiert, er sei von den Ärzten als Simulant hingestellt worden, vermag das Leugnen jeglicher Arztbesuche nicht zu erklären. Denn als mit dem Abschluss von Versicherungsverträgen vertrauter Agent musste der Zeuge wissen, dass vom Versicherungsnehmer genannte Arztbesuche, nach denen in den Antragsformularen gesondert gefragt wird, unabhängig von der Schwere einer Erkrankung anzugeben waren, weil der Versicherer sich damit die allein ihm zustehende Prüfung eröffnen will, was den Arztbesuchen zugrunde lag und ob insoweit risikorelevante Erkrankungen in Rede stehen. Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausführt, stellen Rückenbeschwerden eines Antragstellers in der Berufsunfähigkeitsvorsorge regelmäßig einen für die zu versichernde Gefahr erheblichen Umstand dar. Vor diesem Hintergrund hätte der Versicherungsvertreter die Beschwerde des Klägers darüber, dass die Ärzte seine Rückenbeschwerden nicht ernst genommen, sondern ihn als Simulanten hingestellt hätten, nicht zwingend als Bagatellisierung dieser Beschwerden verstehen müssen, sondern auch dahingehend verstehen können, dass der Kläger seine Rückenbeschwerden ernster nahm als der behandelnde Arzt.

Vor allem aber die Äußerung des Zeugen, er würde nichts mehr versichern, wenn er Angaben wie die des Klägers in jedem Fall in die Anträge aufnähme, hätte Anlass zur Erörterung gegeben, ob auch der Zeuge die Risikorelevanz der klägerischen Informationen erkannte und ihre Weitergabe an den Versicherer nur im eigenen Interesse an einem Vertragsschluss, nicht jedoch infolge eines Irrtums über die Intensität der Rückenbeschwerden des Klägers unterband, was ohnehin eine völlige Leugnung der gesondert nachgefragten Arztbesuche nicht plausibel erklärt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht anders entschieden hätte, wenn es sich mit diesen naheliegenden Umständen befasst hätte.

cc) Sollte sich nach neuer Sachprüfung ein entsprechendes Fehlverhalten des Zeugen nicht ausschließen lassen, könnte der Vorwurf, der Kläger habe die Beklagte arglistig getäuscht, nicht aufrechterhalten werden. Der Senat hat bereits entschieden, dass es nicht Aufgabe des künftigen Versicherungsnehmers ist, einen Versicherungsvertreter hinsichtlich der Frage zu kontrollieren, was in das Antragsformular aufzunehmen ist. Mit der Vorgabe von Fragen nach gefahrerheblichen Umständen im Antragsformular hat der Versicherer selbst die Anzeigeobliegenheit so ausgestaltet, dass der künftige Versicherungsnehmer die Gefahrumstände anhand der ihm gestellten Fragen zu beantworten hat. Unterläuft das der Agent dadurch, dass er dem Antragsteller durch einschränkende Bemerkungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in das Formular aufzunehmen ist, kann dieses Agentenverhalten nicht zu Lasten des künftigen Versicherungsnehmers gehen (Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 – IV ZR 6/01, VersR 2001, 1541 unter II 1 d [juris Rn. 19]).

Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken von Kläger und Agent hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; sie sind bisher auch nicht ersichtlich.

III. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die vom Berufungsgericht zur Begründung des Arglistvorwurfs unter anderem herangezogene ca. dreiwöchige Krankschreibung des Klägers im April 2010, die erst zehn Tage vor Beantragung der Versicherungsverträge beendet war, nach der – mittlerweile unstreitigen – Behauptung des Klägers keine Rückenbeschwerden, sondern eine psychische Belastung zur Ursache hatte, nachdem sein knapp 22-jähriger Sohn am 8. April 2010 tödlich verunglückt war. Zu diesem – für die Einordnung dieser Krankschreibung mit Blick auf das zu versichernde Risiko – bedeutsamen Umstand verhält sich das Berufungsurteil nicht.