BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IV ZR 151/15 – verkündet am 12. Juli 2017

[vorhergehend OLG Koblenz – LG Bad Kreuznach]

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann und die Richterin Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2017 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Februar 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagte aus einer Wohngebäudeversicherung wegen eines Leitungswasserschadens in ihrem im Jahre 2006 errichteten und nach dessen Bezugsfertigkeit seit dem 1. September 2006 auch gegen Schäden durch Leitungswasser versicherten Wohnhaus auf weitere Versicherungsleistungen in Anspruch.

Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB 2001) zugrunde. Sie lauten auszugsweise:

„§ 4 Versicherungsfall; versicherte und nicht versicherte Gefahren und Schäden

1. Entschädigt werden versicherte Sachen …, die durch

b) Leitungswasser …,

zerstört oder beschädigt werden … (Versicherungsfall).

2. Entschädigt werden auch Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen Leitungswasser führenden Einrichtungen. …

§ 6 Leitungswasser

1. Leitungswasser ist Wasser, das bestimmungswidrig ausgetreten ist aus

a) Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung, …

3. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch

d) Schwamm oder Schimmel, …

§ 13 Beginn des Versicherungsschutzes; …

1. Der Versicherungsschutz beginnt zu dem im Versicherungsschein angegebenen Zeitpunkt, wenn der Versicherungsnehmer den ersten oder einmaligen Beitrag rechtzeitig zahlt. …

§ 26 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall

1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, bei Eintritt eines Versicherungsfalles …

a) den Versicherer unverzüglich zu informieren …“

Am 19. April 2008 stellten die Kläger im Fußbodenbereich der Küche ihres Hauses Durchfeuchtungen fest, die infolge einer Undichtigkeit der im Fußbodenaufbau verlegten Kaltwasserleitung entstanden waren. Sie ließen die Undichtigkeit beheben und Trocknungsmaßnahmen durchführen, welche die Beklagte regulierte.

Eine Übernahme der Kosten für die Sanierung des mikrobiell belasteten Estrichaufbaus lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, es handele sich um durch Schimmel verursachte Schäden, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien. In einem daraufhin von den Klägern beantragten selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige einen großflächigen aktiven Schimmelpilzbefall von Estrich und Estrichdämmung fest und veranschlagte erforderliche Sanierungskosten mit netto 28.540,79 € zuzüglich Mietkosten für Ersatzwohnung und -büro in Höhe von 4.200 €.

Die Kläger halten dies für einen versicherten Schaden und verlangen die genannten Beträge als Abschlagszahlung, ferner Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung anfallender Mehrwertsteuer.

Die Beklagte hält sich aufgrund des Ausschlusses von Schimmelschäden für leistungsfrei und wendet unter anderem weiter ein, die Undichtigkeit der Wasserleitung sei bereits bei Errichtung des Wohnhauses durch fehlerhafte Installation verursacht worden, der Schaden mithin in nicht versicherter Zeit eingetreten.

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Nach dessen Auffassung sind die geltend gemachten Kosten infolge des Ausschlusses in § 6 Nr. 3 Buchst. d VGB 2001 vom Versicherungsschutz nicht umfasst. Die Klausel, nach der Schimmelschäden losgelöst von der Ursache ihrer Entstehung in keinem Fall versichert seien, halte einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand. Insoweit seien die Erwägungen des Senatsurteils vom 27. Juni 2012 (IV ZR 212/10, r+s 2012, 490) zum Schwammschaden-Ausschluss auf den Streitfall übertragbar. Ebenso wenig wie Schwammschäden seien Schimmelschäden – selbst wenn sie möglicherweise häufiger als erstere im Zusammenhang mit Leitungswasserschäden aufträten – eine regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser. Auch bei ihnen handele es sich um besonders schwer kalkulierbare und oftmals schwierig nachzuweisende Schäden mit unter Umständen weitreichenden Folgen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass das Berufungsgericht die Ausschlussklausel des § 6 Nr. 3 Buchst. d VGB 2001 weder als unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB noch als intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen hat. Der Bedingungswortlaut macht dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ausreichend deutlich, dass Schimmelschäden losgelöst von der Ursache ihrer Entstehung in keinem Fall versichert sein sollen.

2. Demgegenüber durfte das Berufungsgericht die Frage, ob die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers führt, weil der umfassende Ausschluss von Schimmelschäden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise einschränkt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), nicht verneinen, ohne zu der Behauptung der Kläger, ein Schimmelschaden sei regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser, den angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben.

a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwartet von seiner Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und – soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergeben – lückenlosen Schutz (Senatsurteile vom 25. März 1998 – IV ZR 137/97, r+s 1998, 203 unter 3 c aa [juris Rn. 25]; vom 16. Juni 1993 – IV ZR 226/92, r+s 1993, 349 unter I 3 b [juris Rn. 27]). In dieser Erwartung sieht er sich durch den weiten Bedingungswortlaut des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6 VGB 2001 bestätigt.

Dieses Hauptleistungsversprechen des Versicherers, einen – grundsätzlich umfassenden – Ausgleich für durch Leitungswasser verursachte Schäden am versicherten Gebäude zu gewähren, schränkt die Ausschlussklausel in § 6 Nr. 3 Buchst. d VGB 2001 ein, indem sie die durch Schimmel verursachten Schäden ausnimmt. Solche lediglich leistungsbeschränkenden Klauseln sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats kontrollfähig (Senatsurteile vom 27. Juni 2012 – IV ZR 212/10, r+s 2012, 490 Rn. 30; vom 23. Juni 2004 – IV ZR 130/03, BGHZ 159, 360 unter II 2 b [juris Rn. 25], jeweils m.w.N.).

b) Nicht jede Begrenzung dieses Leistungsversprechens bedeutet allerdings für sich genommen eine Vertragszweckgefährdung. Vielmehr bleiben Leistungsbegrenzungen zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt (Senatsurteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 42/10, r+s 2011, 467 Rn. 26; Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2011 – IV ZR 217/09, r+s 2012, 192 Rn. 23; vom 11. Februar 2009 – IV ZR 28/08, r+s 2009, 248 Rn. 19 m.w.N.). Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Senatsurteile vom 25. Juli 2012 – IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 18; vom 20. Juli 2011 aaO; Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2011 aaO Rn. 24; vom 11. Februar 2009 aaO Rn. 21; st. Rspr.).

c) Daran gemessen hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zwar noch zutreffend erkannt, der Vertragszweck könne durch den Ausschluss allenfalls dann gefährdet werden, wenn Schimmelschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser wären, weil sich der durchschnittliche Versicherungsnehmer mit dem Abschluss einer Leitungswasserversicherung dann vorwiegend auch vor solchen Schimmelschäden schützen wolle und sich der Versicherer mit der Ausschlussklausel von der Kardinalpflicht des Versicherungsvertrages, Leitungswasserschäden zu entschädigen, freizeichnen würde (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2012 – IV ZR 212/10, r+s 2012, 490 Rn. 33).

Soweit das Berufungsgericht aber eine solche Typizität des Auftretens von Schimmelschäden als Folge des Austritts von Leitungswasser ohne die vom Kläger beantragte sachverständige Hilfe verneint hat, beruht dies auf einer nicht hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage.

Der Tatrichter kann, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag (Senatsurteil vom 17. Oktober 2001 – IV ZR 205/00, r+s 2002, 83 unter II 1 a [juris Rn. 10]; BGH, Urteile vom 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254 unter II 3 [juris Rn. 31]; vom 14. Februar 1995 – VI ZR 106/94, VersR 1995, 681 unter II [juris Rn. 6]). Derartiges Fachwissen hat das Berufungsgericht hier jedoch weder im Berufungsurteil noch, wie es außerdem geboten gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 16 m.w.N.), in einem vorherigen Hinweis an die Parteien dargetan.

d) Der Verfahrensmangel ist entscheidungserheblich. Anders als die Revisionserwiderung meint, kommt es nicht darauf an, ob die von den Klägern unter Beweis gestellte Regelmäßigkeit nur zum Tragen gelangen kann, wenn der bestimmungswidrige Austritt von Leitungswasser zunächst unerkannt bleibt und es deshalb zu einer anhaltenden Durchfeuchtung der später von Schimmel befallenen Bausubstanz kommt. Es bedurfte demnach auch keiner weiteren Darlegungen und Beweisangebote dazu, dass der längere Zeit unentdeckte Leitungswasserschaden den Regelfall bildet.

aa) Vertragszweck der Leitungswasserversicherung ist die Entschädigung für durch Leitungswasser beschädigte versicherte Sachen (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2012 – IV ZR 212/10, r+s 2012, 490 Rn. 32). Dieser Zweck wird dann in Frage gestellt, wenn regelmäßige oder zwangsläufige Folgeschäden eines zunächst unerkannt gebliebenen Leitungswasserschadens von der Deckung ausgeschlossen werden.

Zwar gibt es keinen Rechtssatz, wonach in der Wohngebäudeversicherung in jedem Falle sämtliche Folgeschäden vom Versicherungsschutz umfasst sein müssten (Senatsurteil vom 27. Juni 2012 – IV ZR 212/10, r+s 2012, 490 Rn. 32), so dass der Vertragszweck nicht jede auf derartige Folgeschäden bezogene Einschränkung der Leistung verbietet. Dem durch § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6 VGB 2001 vorgegebenen Zusammenhang zwischen Eintritt des Versicherungsfalles und daran geknüpftem Leistungsversprechen kann aber, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht entnommen werden, der „Kernbereich“ der Leitungswasserversicherung sei nur der Ersatz der Kosten für Trocknung, Reparatur oder Wiederherstellung unmittelbar vom Wasser beeinträchtigter Bauteile. Ein Unmittelbarkeitserfordernis im Sinne einer Einschränkung des Versicherungsschutzes auf Schäden, die durch unmittelbare Einwirkung der versicherten Gefahr „Leitungswasser“ auf versicherte Sachen entstanden sind, enthalten die Versicherungsbedingungen – anders als etwa für Blitzschlag und Sturm (§ 5 Nr. 2 und § 8 Nr. 2 Buchst. a VGB 2001) – nicht (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 20. April 2005 – IV ZR 252/03, r+s 2005, 290 unter II 2 a [juris Rn. 22]).

Eine Leistungsbegrenzung, die jedwede Leistung auch für typische Folgen eines längere Zeit unentdeckt gebliebenen Leitungswasserschadens ausschlösse, löste sich vom Leistungsversprechen, das eine Kostenerstattung für solche Folgeschäden grundsätzlich einschließt. Sie griffe zudem in die zentralen Leistungserwartungen des Versicherungsnehmers in erheblicher Weise ein und tangierte sein Bedürfnis, sich gegen solche Gefahren zu versichern, bei denen die abstrakte Möglichkeit besteht, dass sie bei der Mehrzahl der Versicherungsnehmer eintreten (vgl. insoweit Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. Einl. Rn. 117; Prölss, NVersZ 2000, 153, 158). Das führte zu einer einseitigen Begünstigung des Versicherers und zugleich zu einer Vernachlässigung des berechtigten Interesses des Versicherungsnehmers, gerade für solche Schäden Versicherungsschutz zu erhalten, für die er die Versicherung nimmt. Darin läge ein so wesentlicher Eingriff in die Rechte des Versicherungsnehmers, dass der Vertragszweck partiell ausgehöhlt wäre.

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lassen sich die Erwägungen des Senatsurteils vom 27. Juni 2012 (IV ZR 212/10, r+s 2012, 490), nach denen der Ausschluss von Schwammschäden keinen Wirksamkeitsbedenken begegnet (aaO Rn. 28-33), auf den Ausschluss von Schimmelschäden nicht ohne weiteres übertragen. Dort war nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines Leitungswasseraustritts wären (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2012 aaO Rn. 33), während dies im Streitfall für Schimmelschäden von den Klägern behauptet und unter Beweis gestellt worden ist.

III. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO).

Der Einwand der Revisionserwiderung, der Schaden habe bereits bei Errichtung des versicherten Gebäudes vorgelegen und sei damit in nicht versicherter Zeit eingetreten, geht fehl. Die ihm zugrunde liegende Annahme, der Versicherungsnehmer könne Versicherungsleistungen nur beanspruchen, wenn der Leitungswasseraustritt erst in versicherter Zeit begonnen hat, trifft nicht zu. Dies ergibt die Auslegung der VGB 2001.

1. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 6. Juli 2016 – IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17 m.w.N.; st. Rspr.).

2. Dieser kann den VGB 2001 nicht entnehmen, dass Leitungswasserschäden nur dann versichert sind, wenn aus einer defekten Leitung erstmals in versicherter Zeit Wasser ausgetreten ist oder begonnen hat, versicherte Gegenstände zu schädigen.

a) § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6 VGB 2001 und § 4 Nr. 2 VGB 2001 enthalten – für den Versicherungsnehmer erkennbar – Leistungsversprechen für zwei selbständige, an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpfte und mit unterschiedlichen Entschädigungsregeln einhergehende Versicherungsfälle (vgl. Rixecker, r+s 2009, 397, 398).

Nach § 4 Nr. 2 VGB 2001 werden Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen Leitungswasser führenden Einrichtungen entschädigt. Versicherungsschutz wird somit für ein meist punktuelles Ereignis, den Rohrbruch, gewährt. Demgegenüber hat der Versicherer nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6 VGB 2001 diejenigen Schäden zu ersetzen, die bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser an allen denkbaren versicherten Gegenständen verursacht. Das setzt ein Geschehen voraus, das sich – anders als ein Rohrbruch – regelmäßig über einen – oft längeren – Zeitraum erstreckt und bei dem sich der Schaden mit zunehmender Dauer infolge ständig nachlaufenden Wassers vergrößert. Die genannten Bestimmungen der VGB 2001 geben dem Versicherungsnehmer keinen Anlass für die Annahme, Versicherungsschutz für Leitungswasserschäden werde nur dann gewährt, wenn in versicherter Zeit zugleich auch die bedingungsgemäßen Voraussetzungen eines Rohrbruchschadens erfüllt sind (vgl. OLG Hamm r+s 2015, 451 Rn. 18; so auch KG VersR 2016, 325).

b) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird den §§ 4 Nr. 1 Buchst. b und 6 VGB 2001 entnehmen, dass der Versicherungsfall „Leitungswasserschaden“ so lange andauert, wie Wasser aus den in § 6 Nr. 1 VGB 2001 aufgeführten Anlagen bestimmungswidrig austritt und versicherte Sachen, insbesondere das versicherte Gebäude zerstört oder beschädigt.

Die Bestimmungen der VGB 2001 zum Leitungswasserschaden verdeutlichen ihm nicht, dass Leitungswasserschäden ungeachtet des Zeitpunkts ihrer Entstehung oder Vergrößerung vom Versicherungsschutz bereits dann vollständig ausgenommen sein sollen, wenn aus einer schadhaften Leitung schon in nicht versicherter Zeit bestimmungswidrig Wasser ausgetreten ist. Eine dahin gehende ausdrückliche zeitliche Begrenzung des Versicherungsschutzes enthalten die VGB 2001 für den Leitungswasserschaden nicht. Dieser Versicherungsfall ist in den §§ 4 und 6 VGB 2001 – anders als in früheren Bedingungswerken zur Wohngebäudeversicherung, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer allerdings weder kennt noch kennen muss – nicht vollständig definiert (vgl. dazu Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. B I Rn. 16, 19, 20; B IV Rn. 7). Es fehlt eine Festlegung, zu welchem Zeitpunkt der Versicherungsfall als eingetreten gilt (so auch Gruber/Mittendorf, NJW 2015, 2433, 2434).

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann die von der Beklagten angenommene zeitliche Begrenzung auch nicht dem Zusammenspiel der §§ 4 und 6 VGB 2001 mit anderen Klauseln des Bedingungswerks entnehmen. Die strikte Unterscheidung der Versicherungsfälle Rohrbruch und Leitungswasserschaden in § 4 VGB 2001 legt ihm vielmehr nahe, es komme für die Entschädigung des letztgenannten Schadens auf den Rohrbruchschaden und dessen – auch zeitliche – Voraussetzungen nicht an (so auch OLG Hamm r+s 2015, 451 Rn. 18).

c) Der so verstandene Versicherungsfall hat sich jedenfalls auch in der versicherten Zeit ab dem 1. September 2006 ereignet; denn darüber, dass aus der undichten Wasserleitung bis zur Entdeckung der Feuchtigkeitsschäden im Frühjahr 2008 ständig Wasser ausgetreten ist, herrscht zwischen den Parteien kein Streit.

Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer entsteht nach den vorgenannten Bedingungen der Eindruck, er genieße in Bezug auf von ihm nach Vertragsschluss entdeckte Leitungswasserschäden umfassenden Versicherungsschutz, weil es für die zeitliche Festlegung des Versicherungsfalles nicht auf den Beginn des schädigenden Vorgangs, sondern auf die Entdeckung des Schadens ankommt (so auch OLG Schleswig NJW 2015, 2431 Rn. 22; OLG Hamm r+s 2015, 451 Rn. 18; Hoenicke in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 3. Aufl. § 4 Rn. 20; Schwintowski, VuR 2012, 374, 375).

Darin wird er auch dadurch bestärkt, dass § 26 Nr. 1 Buchst. a VGB 2001 die Obliegenheit begründet, den Versicherungsfall „bei Eintritt“ unverzüglich anzuzeigen. Da eine solche Anzeigeobliegenheit immer voraussetzt, dass der Versicherungsnehmer den anzeigepflichtigen Umstand positiv kennt (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. April 2008 – IV ZR 227/06, VersR 2008, 905 Rn. 15, 18; vgl. auch Senatsurteil vom 5. November 2014 – IV ZR 8/13, r+s 2015, 445 Rn. 14), wird der Versicherungsnehmer daraus, dass die Anzeigeobliegenheit des § 26 Nr. 1 Buchst. a VGB 2001 an den „Eintritt“ des Versicherungsfalles anknüpft, den Schluss ziehen, dieser Eintritt liege in der Entdeckung des Leitungswasserschadens.

3. Anderes folgt auch nicht aus allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen.

a) Allerdings wird in der versicherungsrechtlichen Literatur überwiegend angenommen, für so genannte gedehnte Versicherungsfälle bestehe nur dann Versicherungsschutz, wenn bereits ihr Beginn in die versicherte Zeit falle (Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 1 Rn. 113; MünchKomm-VVG/Looschelders, 2. Aufl. § 1 Rn. 35; Möller in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Vorbem. §§ 49-80 Anm. 34; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 1 Rn. 169; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 5. Aufl. § 1 Rn. 7; Schwintowski in Berliner Kommentar zum VVG, § 1 Rn. 48; Wriede, Der gedehnte Versicherungsfall Diss. 1950 S. 72 f.; Möller in Festschrift Eichler, 1977 S. 411, 421 f.; a.A. Hannemann, Neubegründung der Lehre vom gedehnten Versicherungsfall und ihre Bedeutung für moderne versicherungsrechtliche Probleme 1996 S. 97-113).

Bei einem gedehnten Versicherungsfall erstreckt sich der mit seinem Eintritt geschaffene Zustand über einen gewissen Zeitraum, dessen Fortdauer den Umfang der Versicherungsleistung bestimmt, wie dies etwa bei Versicherungsfällen in der Krankheitskosten-, der Unfall-, der Berufsunfähigkeits- oder der Betriebsunterbrechungsversicherung der Fall sein kann (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 – IV ZR 19/11, VersR 2013, 1042 Rn. 37 m.w.N.). Demgegenüber stellt es keinen gedehnten Versicherungsfall dar, wenn der Versicherer in den Bedingungen keine fortlaufenden Leistungen, sondern lediglich eine einmalige Zahlung verspricht und der dafür vorausgesetzte Schaden schrittweise eintritt (Senatsurteil vom 12. April 1989 – IVa ZR 21/88, BGHZ 107, 170 unter II 1 a [juris Rn. 6]; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Mai 2012 aaO).

b) Ob der hier in Rede stehende Versicherungsfall danach als gedehnter oder lediglich als ein schrittweise eingetretener anzusehen wäre, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob auch bei einem schrittweise eintretenden Versicherungsfall die zeitliche Geltung des Versicherungsschutzes allein vom Beginn des Geschehens abhinge.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es für die Auslegung der Versicherungsbedingungen ankommt, kennt weder die Lehre vom gedehnten Versicherungsfall noch dessen Abgrenzung zu einem schrittweise eintretenden Versicherungsfall. Ebenso wenig ist ihm die juristische Diskussion darüber bekannt, welche Bedeutung der Beginn solcher Versicherungsfälle für die zeitliche Geltung des Versicherungsschutzes haben soll. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, die Frage, ob ein in vorversicherter Zeit begonnener, nach Vertragsbeginn entdeckter Leitungswasserschaden zu Versicherungsleistungen führt, mittels der in den Versicherungsbedingungen aufgestellten Regeln zu beantworten, wie dies dargelegt worden ist.

IV. Das Berufungsgericht wird nach allem mit sachverständiger Hilfe zu klären haben, ob die Behauptung der Kläger zutrifft, dass Schimmelschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines Leitungswasseraustritts sind, um nach Klärung dieser Frage zu entscheiden, ob der Leistungsausschluss für Schäden durch Schimmel wirksam ist oder den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt.

Diese Prüfung erübrigt sich nicht wegen der hilfsweise von den Klägern erhobenen Rüge, auch im Falle der Wirksamkeit der Ausschlussklausel sei die Beklagte jedenfalls deshalb leistungspflichtig, weil der Leitungswasseraustritt zugleich zu einem (nicht von der Leistungspflicht ausgenommenen) Bakterienbefall geführt habe, der für sich genommen ebenfalls eine Sanierung der befallenen Gebäudeteile erforderte und identische Kosten verursachte.

Damit können die Kläger nicht durchdringen. § 6 Nr. 3 Buchst. d VGB 2010 schließt Versicherungsleistungen für Schäden durch Schimmel „ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen“ aus. Wäre dieser Ausschluss wirksam, griffe er auch in Fällen ein, in denen die ausgeschlossene Schadensursache „Schimmel“ lediglich eine von mehreren schadensstiftenden Ursachen ist. Eine Aufteilung bzw. Zurechnung des Schadens auf einerseits versicherte und andererseits vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Ursachen fände dann nicht statt (vgl. Gierschek in Dietz/Fischer/Gierschek, Wohngebäudeversicherung 3. Aufl. § 3 A VGB 2010 Rn. 133; R. Johannsen in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. A § 3 VGB 2008/2010 Rn. 12).