Leitsatz

1. Soweit im Fall der Kündigung unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, hat auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren (BVerfGE 97, 169). Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist deshalb unwirksam.

2. Ist bei einem Vergleich der grundsätzlich von dem gekündigten Arbeitnehmer vorzutragenden Sozialdaten evident, daß dieser erheblich sozial schutzbedürftiger ist als ein vergleichbarer weiterbeschäftigter Arbeitnehmer, so spricht dies zunächst dafür, daß der Arbeitgeber das gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat. Setzt der Arbeitgeber dem schlüssigen Sachvortrag des Arbeitnehmers weitere (betriebliche, persönliche etc) Gründe entgegen, die ihn zu der getroffenen Auswahl bewogen haben, so hat unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Abwägung zu erfolgen. Es ist zu prüfen, ob auch unter Einbeziehung der vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe die Kündigung die sozialen Belange des betroffenen Arbeitnehmers in treuwidriger Weise unberücksichtigt läßt. Der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kommt bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zu.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 3. September 1999 – 7 Sa 1006/99 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Der 1946 geborene Kläger war seit 1980 beim Beklagten, Inhaber einer KFZ-Lackiererei, als KFZ-Lackierer zu einem durchschnittlichen Bruttostundenlohn von zuletzt 24,10 DM beschäftigt. Mit Schreiben vom 31. August 1998, zugegangen am selben Tag, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Einhaltung der sich aus § 42 Ziff. 2 des allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk der Bundesrepublik Deutschland vom 30. März 1992 idF des Änderungstarifvertrages vom 1. September 1992 ergebenden Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende zum 30. September 1998.

Der Beklagte beschäftigte insgesamt fünf Arbeitnehmer. Am 31. August 1998 waren dies außer dem Kläger folgende vier Arbeitnehmer, die alle als Lackierer tätig waren:

– der gegenüber vier Kindern unterhaltspflichtige Arbeitnehmer E , der jünger als der Kläger und kürzer als dieser beschäftigt ist

– der am 1. Juni 1947 geborene, verheiratete Arbeitnehmer S , der kürzer als der Kläger beschäftigt ist

– der Sohn des Beklagten, der ebenfalls jünger als der Kläger und kürzer als dieser beschäftigt ist

– ein lediger Arbeitnehmer ohne Unterhaltspflichten, der am 26. März 1962 geboren und seit dem 1. März 1993 beschäftigt ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei gemäß §§ 242, 138 BGB unwirksam. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes sei der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz der Arbeitnehmer über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu gewährleisten. Der Arbeitgeber müsse einen auf das Arbeitsverhältnis bezogenen Grund für die Kündigung haben und im Prozeß auch darlegen. Soweit unter mehreren Beschäftigten eine Auswahl zu treffen sei, müsse der Arbeitgeber ein gewisses Maß an sozialer Rücksicht walten lassen; ein Vertrauen darauf, daß auf Grund langer Betriebszugehörigkeit das Arbeitsverhältnis weiter bestehen bleibe, dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. Im Ergebnis bedeute dies, daß eine Interessenabwägung stattzufinden habe. Der Arbeitgeber müsse die Kündigung begründen und, wenn der Arbeitnehmer im Prozeß die mangelnde Berücksichtigung der sozialen Belange und der Beschäftigungsdauer bestreite, die getroffene Auswahlentscheidung darlegen.

Die Kündigung stelle sich bereits deshalb als unwirksam dar, weil dem Kündigungsschreiben selbst keine Begründung zu entnehmen sei. Auch im Prozeß habe der Beklagte den Kündigungsgrund und die Auswahlentscheidung nicht ausreichend dargelegt. Von den im Betrieb des Beklagten neben dessen Sohn beschäftigten drei weiteren Lackierern sei einer seit einem Jahr, der zweite seit etwa fünf bis sechs Jahren, der dritte nur wenig kürzer als er beim Beklagten tätig. Welche Interessenabwägung der Beklagte vorgenommen habe und warum die Entscheidung ihn, den ältesten Mitarbeiter mit der längsten Betriebszugehörigkeit, getroffen habe, könne dem Vortrag des Beklagten nicht entnommen werden. Jedenfalls sei es grob fehlerhaft, daß der Beklagte ihm gekündigt habe, jüngeren und kürzer beschäftigten Arbeitnehmern ohne Kinder hingegen nicht.

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt

festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten durch dessen schriftlichen Kündigung vom 31. August 1998, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 30. September 1998 hinaus unbefristet zu den bisherigen Bedingungen fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei weder willkürlich noch beruhe sie auf sachfremden Motiven. Da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde, habe er die Kündigung auch nicht begründen müssen. Jedenfalls habe er den Kündigungsgrund ausreichend vorgetragen. Ohne Reduzierung der Personalstärke sei die Aufrechterhaltung seines Betriebes gefährdet gewesen. Die Kündigung sei ausgesprochen worden, um eine effektive Fortführung des Betriebes zu gewährleisten und anderen Arbeitnehmern nicht kündigen zu müssen. Zudem habe er eine Interessenabwägung vorgenommen, die sozialen Gesichtspunkte zu Gunsten des Klägers berücksichtigt und mit denen seiner Kollegen verglichen. Beim Vergleich mit dem Kläger könnten im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG allein die Arbeitnehmer E und S berücksichtigt werden. Die Entscheidung, das Arbeitsverhältnis des Klägers zu kündigen, sei nicht grob fehlerhaft, da der Arbeitnehmer E vier Kinder zu versorgen habe und der Arbeitnehmer S gleich alt sei wie der Kläger; ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme sei damit gewahrt. Die langjährige Beschäftigung des Klägers sei nicht geeignet gewesen, ein Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu begründen, da sein Arbeitsverhältnis mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes gerade keinen Bestandsschutz genieße und weitere Umstände, an die ein schützenswertes Vertrauen geknüpft werden könne, nicht vorlägen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Bestandsschutzantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Sache ist zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).

A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es sei zweifelhaft, ob im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein neues Kündigungsschutzrecht außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes angenommen werden könne. Selbst wenn man davon ausgehe, seien Willkür oder sachfremde Motive bei Ausspruch der Kündigung nicht erkennbar. Der Beklagte habe ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme nicht deshalb außer acht gelassen, weil er die jüngeren und weniger lange beschäftigten Arbeitnehmer E , S und seinen Sohn nicht vor dem Kläger entlassen habe. Bei Herrn E folge dies daraus, daß dieser vier Kindern gegenüber unterhaltspflichtig sei, bei Herrn S daraus, daß dieser nur ein Jahr jünger als der Kläger, aber im Gegensatz zu diesem verheiratet sei. Die Entlassung seines Sohnes sei dem Beklagten nicht zumutbar gewesen. Auch die Entscheidung des Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit dem etwa 16 Jahre jüngeren und 13 Jahre kürzer beschäftigten vierten Arbeitnehmer fortzuführen, mache die Kündigung nicht wegen Willkür oder grober Fehlerhaftigkeit der Auswahl unwirksam. In einem Betrieb mit nur fünf Mitarbeitern gehe die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer zu kündigen oder nicht zu kündigen, sehr weit. Die Nichtbeachtung eines Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme sei, da der Beklagte sich nach seinem Vortrag auch dazu Gedanken gemacht habe, nicht erkennbar.

B. Dem folgt der Senat nicht.

I. Obwohl sich der erste Halbsatz des Klageantrags dem Wortlaut nach an § 4 Satz 1 KSchG orientiert, hat der Kläger ausschließlich einen allgemeinen Feststellungsantrag iSd. § 256 ZPO zur Entscheidung gestellt. Für diesen Feststellungsantrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

II. Ob der Antrag begründet ist, steht noch nicht fest. Auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den, wie auf den Betrieb des Beklagten, das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, hat im Fall der Kündigung ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren. Eine Kündigung, die dieser Anforderung nicht entspricht, verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist deshalb unwirksam. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen läßt sich noch nicht abschließend beurteilen, ob ein solcher Treueverstoß hier vorliegt.

1. Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ist die Bedeutung grundrechtlicher Schutzpflichten zu beachten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner zur Verfassungsmäßigkeit der Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG in der bis 30. September 1996 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. April 1985 ergangenen Entscheidung vom 27. Januar 1998 (- 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169) ausgeführt, den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben sei das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der schwerwiegenden und grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber zuzumuten, gleichzeitig aber betont, sie seien durch ihre Herausnahme aus dem gesetzlichen Kündigungsschutz nicht völlig schutzlos gestellt. Wo die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht greifen, seien die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt (§§ 242, 138 BGB). Im Rahmen dieser Generalklauseln sei auch der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG, zu beachten. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust durch private Disposition sei damit in jedem Fall gewährleistet. Wie weit dieser Schutz im einzelnen reiche, sei von den Arbeitsgerichten zu entscheiden. Ausgangspunkt einer solchen Würdigung sei der Respekt vor der gesetzgeberischen Eingrenzung des gesetzlichen Kündigungsschutzes des § 23 Abs. 1 KSchG. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz dürfe nicht dazu führen, daß dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt würden. Darüber hinaus wirke er um so schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen seien. In sachlicher Hinsicht gehe es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, zB vor Diskriminierungen iSv. Art 3 Abs. 3 GG. Soweit unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen sei, gebiete der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes iVm. dem Sozialstaatsprinzip ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme. Schließlich dürfe auch ein durch langjährige Mitarbeitet erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der objektive Gehalt der Grundrechte könne auch im Verfahrensrecht Bedeutung erlangen. Für die Wirksamkeit des gerichtlichen Kündigungsschutzes sei die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast von besonderer Bedeutung. Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG habe der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes gelte diese Regel nicht. Wie die Darlegungs- und Beweislast unter Beachtung verfassungsrechtlicher Positionen bei der Anwendung der Generalklauseln in §§ 138 oder 242 BGB zu beurteilen sei, lasse sich nicht allgemein festlegen. Für eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast biete das Prozeßrecht aber geeignete Handhaben (vgl. zu alledem BVerfG 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169, 177 mwN; Oetker AuR 1997, 41; Linck FA 1999, 382; Preis NZA 1997, 1256; Gragert/Kreutzfeld NZA 1998, 567; Wank FS Hanau, 295; Otto FS Wiese 353; Peter Hanau FS Dieterich 201; Löwisch BB 1997, 782; Gragert NZA 2000, 961; Kittner NZA 1998, 731).

2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kündigung vom 31. August 1998 nicht bereits deshalb unwirksam, weil dem Kläger mit der Kündigungserklärung keine Kündigungsgründe mitgeteilt worden sind. Für diese vom Kläger angenommene Rechtsfolge fehlt eine gesetzliche, tarif- oder einzelvertragliche Grundlage.

Eine Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes in der schriftlichen Kündigungserklärung sieht das Gesetz nur für die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit (§ 15 Abs. 3 BBiG) und für die nach behördlicher Zustimmung erklärte Kündigung gegenüber einer durch § 9 Abs. 1 MuSchG geschützten Arbeitnehmerin vor (§ 9 Abs. 3 Satz 2 MuSchG). Der auf das Arbeitsverhältnis kraft Allgemeinverbindlichkeit anwendbare RTV für die gewerblichen Arbeitnehmer des Maler- und Lackiererhandwerks der Bundesrepublik Deutschland enthält keine Norm, nach der die Angabe von Kündigungsgründen Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung sein soll. Eine entsprechende einzelvertragliche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

Im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist die soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung im Rechtsstreit nachzuprüfen; diese ist nicht schon deshalb nach § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt oder nach §§ 242, 138 BGB unwirksam, weil bei Ausspruch der Kündigung keine Kündigungsgründe angegeben worden sind (BAG 21. März 1959 – 2 AZR 375/56 – BAGE 7, 304; 27. Februar 1958 – 2 AZR 445/55 – BAGE 6, 1). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes erfordert es auch der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor privater Disposition nicht, die Angabe des Kündigungsgrundes zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung zu erheben.

3. Ohne Erfolg rügt die Revision ferner, die Kündigung vom 31. August 1998 sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

Zwar kann, wie sich schon aus § 13 Abs. 2 Satz 1 KSchG ergibt, auch eine Kündigung wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit ist aber ein strenger Maßstab anzulegen. Die Sittenwidrigkeit einer Kündigung kann nicht auf Gründe gestützt werden, die in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Nicht jede Kündigung, die im Falle der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes als sozialwidrig beurteilt werden müßte, ist deshalb schon sittenwidrig. § 138 BGB verlangt die Einhaltung eines „ethischen Minimums“. Der schwere Vorwurf der Sittenwidrigkeit kann daher nur in besonders krassen Fällen erhoben werden (BAG 2. April 1987 – 2 AZR 227/86 – BAGE 55, 190, 196; 24. Oktober 1996 – 2 AZR 874/95 – RzK I 8 l Nr. 22 zu II 2 der Gründe; 23. September 1976 – 2 AZR 309/75 – BAGE 28, 176, 183 f. jeweils mwN). Das ist zB dann anzunehmen, wenn die Kündigung auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden, wie zB Rachsucht, beruht oder wenn sie aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht.

Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Kündigung rechtfertigen könnten; Anhaltspunkte dafür, daß die vom Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Gründe vorgeschoben sind und die Kündigung in Wahrheit auf einem verwerflichen Motiv beruht, sind nicht ersichtlich. Mängel der Auswahlentscheidung, auf die sich der Kläger beruft, können allenfalls einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen.

4. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam, wird jedoch, wie die Revision zutreffend rügt, durch die in dem angefochtenen Urteil gegebene Begründung nicht getragen.

a) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, wobei eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage wegen der Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen ist. Die Vorschrift des § 242 BGB ist auf Kündigungen neben § 1 KSchG allerdings nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht, abschließend geregelt. Umstände, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen sind und die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, kommen als Verstöße gegen Treu und Glauben grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfaßt sind, Treu und Glauben verletzt. Dies gilt auch für eine Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil sonst für diese Fälle über § 242 BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossenen Kündigungsschutz doch gewährt werden und über Gebühr die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt würde, die Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem Betrieb während der gesetzlichen Probezeit zu überprüfen (BAG 1. Juli 1999 – 2 AZR 926/98 – AP § 242 BGB Kündigung Nr. 10 zu II 2 der Gründe; 23. Juni 1994 – 2 AZR 617/93 – BAGE 77, 128, 132 f.). Typische Tatbestände der treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form und eine Kündigung, die den Arbeitnehmer diskriminiert.

b) Für Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern im Kleinbetrieb läßt sich der Grundsatz, daß das Kündigungsschutzgesetz die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben abschließend geregelt hat, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht, allerdings nicht uneingeschränkt aufrechterhalten. Soweit unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist, gebietet, wie bereits dargelegt, der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme und es darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfG 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169; unter Hinweis auf BVerfG 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – BVerfG 84, 133 und BAG 19. Januar 1995 – 8 AZR 914/93 – BAGE 79, 128). Damit sind Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte angesprochen, die im Rahmen des § 1 KSchG zu würdigen wären. Die Verpflichtung, ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme einzuhalten, ist nicht, wie das Landesarbeitsgericht aus den im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 1998 in Bezug genommenen Entscheidungen schließt, auf bestimmte Sonderkonstellationen beschränkt, sondern ein allgemeines verfassungsrechtliches Gebot. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 24. April 1991 (- 1 BvR 1341/90 – aaO 155 f.) neben werdenden Müttern und Müttern nach der Entbindung namentlich Schwerbehinderte, Alleinerziehende, aber auch ältere Arbeitnehmer als Beispiele für Arbeitnehmer genannt, die von einer Entlassung besonders hart betroffen seien. Im Urteil vom 19. Januar 1995 (- 8 AZR 914/93 – aaO 137 f.) hat das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit der Kündigung wegen mangelnden Bedarfs nach dem Einigungsvertrag ausgeführt, der Maßstab von Treu und Glauben bleibe bestehen, soweit es beim Kündigungsschutz an einer gesetzlichen Konkretisierung fehle. Der Arbeitgeber müsse eine einseitige, einzelne Arbeitnehmer belastende Auswahlentscheidung nach vernünftigen, sachlichen, billiges Ermessen wahrenden Gesichtspunkten treffen, bei der Anwendung der Generalklauseln, etwa § 242 BGB, seien das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zur Geltung zu bringen. Diese Grundsätze sind auf Kündigungen im Kleinbetrieb zu übertragen, da der Kündigungsschutz in diesem Fall gerade nicht gesetzlich konkretisiert, sondern über die Generalklauseln des Privatrechts zu gewährleisten ist.

c) Die Revision rügt allerdings ohne Erfolg, die Kündigung vom 31. August 1998 sei bereits deshalb als treuwidrig anzusehen, weil der Beklagte im Prozeß die Kündigungsgründe nicht ausreichend dargelegt habe. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß der Beklagte für die Kündigung pauschal wirtschaftliche Gründe angegeben hat. Zu einer weiteren Substantiierung war der Beklagte aber nicht verpflichtet. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes hat der Arbeitnehmer die von ihm behaupteten Unwirksamkeitsgründe darzulegen und zu beweisen, wobei die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ihm dies erleichtern können. Von der Rüge der treuwidrigen Auswahlentscheidung abgesehen (dazu unten B II 4 d) hat der Kläger hier keine Umstände vorgetragen, die die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, daß die vom Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Gründe vorgeschoben sind; Anhaltspunkte für ein widersprüchliches Verhalten des Beklagten, für eine Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form bzw. eine diskriminierende Kündigung liegen nicht vor.

d) Es ist jedoch rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht die vom Beklagten zwischen dem Kläger und dem vierten Arbeitnehmer (am 26. März 1962 geboren, seit dem 1. März 1993 beschäftigt, ledig, keine Kinder) getroffene Auswahl im wesentlichen mit der Begründung nicht als treuwidrig angesehen hat, der Beklagte habe sich nach seinem Vorbringen insoweit Gedanken gemacht und das müsse ausreichen.

aa) Hat der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, im Falle einer betriebsbedingten Kündigung die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers unter Beachtung eines gewissen Maßes an sozialer Rücksichtnahme zu treffen, so bedeutet dies allerdings nicht, daß damit im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar sind. Die Herausnahme des Kleinbetriebs aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes trägt ihrerseits gewichtigen, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Belangen des Kleinunternehmers Rechnung, dessen Kündigungsrecht in hohem Maße schutzwürdig ist. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 27. Januar 1998 (aaO) dargelegt hat, hängt in einem Betrieb mit wenigen Arbeitskräften der Geschäftserfolg mehr als bei Großbetrieben von jedem einzelnen Arbeitnehmer ab. Auf dessen Leistungsfähigkeit kommt es ebenso an wie auf Persönlichkeitsmerkmale, die für die Zusammenarbeit, die Außenwirkung und das Betriebsklima von Bedeutung sind. Kleine Teams sind anfällig für Mißstimmungen und Querelen. Störungen des Betriebsklimas können zu Leistungsminderungen führen, die bei geringem Geschäftsvolumen spürbar auf das Ergebnis durchschlagen. Ausfälle lassen sich bei niedrigem Personalbestand nur schwer ausgleichen. Typischerweise arbeitet bei kleinen Betrieben der Unternehmer selbst als Chef vor Ort mit. Damit bekommt das Vertrauensverhältnis zu jedem seiner Mitarbeiter einen besonderen Stellenwert. Auch die regelmäßig geringere Finanzausstattung fällt ins Gewicht. Ein Kleinbetrieb ist häufig nicht in der Lage, Abfindungen bei Auflösungen eines Arbeitsverhältnisses zu zahlen oder weniger leistungsfähiges, weniger benötigtes oder auch nur weniger genehmes Personal mitzutragen. Schließlich belastet auch der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozeß mit sich bringt, den Kleinbetrieb stärker als ein größeres Unternehmen.

bb) Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers kann damit nur darauf überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes (vgl. hierzu BVerfGE 27. Januar 1998 aaO zu B I 3 b aa) und der dargelegten Interessen des Kleinunternehmers gegen Treu und Glauben verstößt. Ein solcher Treuverstoß bei der Kündigung des sozial schutzbedürftigeren Arbeitnehmers ist um so eher anzunehmen je weniger bei der Auswahlentscheidung eigene Interessen des Arbeitgebers eine Rolle gespielt haben. Hat der Arbeitgeber keine spezifischen eigenen Interessen, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen bzw. anderen vergleichbaren Arbeitnehmern nicht zu kündigen, und entläßt er gleichwohl den Arbeitnehmer mit der bei weitem längsten Betriebszugehörigkeit, dem höchsten Alter und den meisten Unterhaltspflichten, so spricht alles dafür, daß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat. Bestehen andererseits derartige betriebliche, persönliche oder sonstige Interessen des Arbeitgebers, so ist der durch § 242 BGB vermittelte Grundrechtschutz des Arbeitnehmers um so schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen sind. In sachlicher Hinsicht geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen.

cc) Es obliegt grundsätzlich dem Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, daß die Kündigung nach § 242 BGB treuwidrig ist. Die Regel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wonach der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, gilt außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes nicht. Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Arbeitnehmers auch im Prozeßrecht ist jedoch dadurch gewährleistet, daß auch insoweit die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten.

In einem ersten Schritt muß der Arbeitnehmer, der die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben, regelmäßig nicht kennt, nur einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Hierzu reicht es zunächst aus, daß der Arbeitnehmer die Sozialdaten der aus seiner Sicht vergleichbaren Arbeitnehmer, die ihm im Kleinbetrieb in der Regel zumindest annähernd bekannt sind („Arbeitnehmer X, ca. 40 Jahre alt, seit etwa vier Jahren beschäftigt, meines Wissens verheiratet“) darlegt. Ist danach evident, daß der Arbeitgeber einen erheblich weniger schutzbedürftigen, vergleichbaren Arbeitnehmer als den Kläger weiterbeschäftigt, so spricht dies dafür, daß der Arbeitgeber das erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat und deshalb die Kündigung treuwidrig (§ 242 BGB) ist. Der Arbeitgeber muß sich nach § 138 Abs. 2 ZPO qualifiziert auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften. In diesem Zusammenhang obliegt es dem Arbeitgeber aus Gründen der Sachnähe auch, Angaben zu seinen Auswahlüberlegungen zu machen. Kommt er dieser sekundären Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Trägt der Arbeitgeber hingegen die betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Gründe vor, die ihn dazu bewogen haben, den auf den ersten Blick sozial schutzbedürftigeren Arbeitnehmer zu entlassen, so hat der Arbeitnehmer die Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung ergeben soll, zu beweisen (Preis NZA 1997, 1256, 1270 mwN; vgl. auch Zöller/Greger ZPO 22. Aufl. vor § 284 Rn. 34).

e) Betrachtet man allein die Sozialdaten des Klägers und des nicht namentlich benannten, seit 1. März 1993 beschäftigten Arbeitnehmers, ist die Auswahlentscheidung des Beklagten zwischen diesen beiden Arbeitnehmern evident fehlerhaft.

aa) Der Kläger ist 16 Jahre älter als der andere Arbeitnehmer. Seine Betriebszugehörigkeit von 17 Jahren würde in zahlreichen Branchen nach den einschlägigen Tarifverträgen bereits zu einem Ausschluß der ordentlichen Kündigung ausreichen (vgl. § 55 BAT). Der andere Arbeitnehmer hingegen ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gerade fünf Jahre, also weniger als 1/3 der Betriebszugehörigkeitsdauer des Klägers, beim Beklagten beschäftigt. Ob davon ausgegangen werden kann, daß der Kläger verheiratet und seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet ist, steht nicht fest. Die Entscheidungsgründe bezeichnen den Kläger zwar als ledig, die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sind jedoch widersprüchlich, denn nach dem in Bezug genommenen arbeitsgerichtlichen Urteil ist der Kläger verheiratet. Unabhängig davon steht aber jedenfalls fest, daß die soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers bei den Unterhaltspflichten zumindest der des anderen Arbeitnehmers gleich ist. Bei dem extremen Auseinanderklaffen der übrigen Sozialdaten ist es evident, daß der Beklagte, wenn er keine weiteren Gründe für die getroffene Auswahl hatte und den Kläger als den ganz erheblich sozial schutzbedürftigeren von beiden Arbeitnehmern entlassen hat, selbst ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer acht gelassen hat.

bb) Zu Unrecht macht die Revision allerdings geltend, andere Gesichtspunkte, etwa betriebliche Belange könnten vom Beklagten bei seiner Auswahlentscheidung gar nicht berücksichtigt worden sein, weil der Beklagte den anderen Arbeitnehmer nicht in seine Auswahlüberlegungen einbezogen habe. Zum einen kann wie bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG, wenn der Arbeitgeber die Vergleichsgruppe falsch gebildet und einen tatsächlich vergleichbaren Arbeitnehmer nicht in seine Auswahlüberlegungen einbezogen hat, die Auswahl trotzdem im Ergebnis richtig sein. Abgesehen davon stellt die von der Revision zitierte Passage aus der Berufungserwiderung ihrem Wortlaut nach („allein die beiden erstgenannten Arbeitnehmer würden… zu berücksichtigen sein…“) auch lediglich eine fiktive Überlegung dar, von der nicht feststeht, ob sie der Beklagte tatsächlich so angestellt hat oder ob sie lediglich eine Rechtsansicht seines Prozeßbevollmächtigten enthält.

cc) Zu den seiner Kündigungsentscheidung zugrundeliegenden betrieblichen Gründen hat der Beklagte vorgetragen, aufgrund einer für ihn derzeit angespannten wirtschaftlichen Situation habe er in seine Überlegungen einfließen lassen müssen, seinen Betrieb weiterhin effektiv arbeiten zu lassen. Er habe sich überlegen müssen, mit welchen Mitarbeitern er den Betrieb auf Dauer habe fortführen können. Unter Berücksichtigung der sozialen Schwierigkeiten des Klägers und im Vergleich mit denen seiner Kollegen sei er im Interesse an der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufs sowie der wirtschaftlichen Effizienz zu der Entscheidung gelangt, nur durch eine Kündigung des Klägers sei der Betriebsablauf für die Zukunft gewährleistet und seien alle übrigen Arbeitsplätze gesichert; sollte das Gericht hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation des Betriebes nähere Ausführungen für notwendig erachten, werde um einen richterlichen Hinweis gebeten.

Diese Ausführungen sind angesichts der ganz erheblichen sozialen Schutzbedürftigkeit des Klägers nicht geeignet, die Auswahlentscheidung des Beklagten zu rechtfertigen, wie das Landesarbeitsgericht offenbar angenommen hat. Da nach den Sozialdaten zunächst alles dafür spricht, die Auswahlentscheidung des Beklagten beachte nicht einmal das erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme, wäre es im Rahmen der ihm obliegenden abgestuften Darlegungslast Sache des Beklagten gewesen, die bei der Auswahl berücksichtigten betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Gründe näher auszuführen und damit ihre Nachprüfbarkeit durch die Gerichte zu gewährleisten. Wenn der Beklagte gemeint hat, er könne durch die Weiterbeschäftigung des Klägers anstatt des anderen Arbeitnehmers die effektive Fortführung des Betriebes auf Dauer nicht sichern, so hätte er angeben müssen, welche Überlegungen (Leistungsgesichtspunkte, persönliche Momente, besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, wirtschaftliche Überlegungen etc.) ihn zu dieser Überlegung veranlaßt haben. Auch der Hinweis, der Kläger wäre außer dem Arbeitnehmer, der vier Kinder zu versorgen hat, nur mit dem etwa gleichaltrigen Arbeitnehmer S zu vergleichen gewesen, führt nicht weiter. Darin könnte zwar der Hinweis enthalten sein, die Entlassung eines der beiden jüngeren Arbeitnehmer hätte die betriebliche Altersstruktur nachteilig verändert; auch insoweit ist das Vorbringen des Beklagten aber nicht hinreichend substantiiert.

f) Gleichwohl war die Sache nicht entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Der Beklagte hat in offenbarer Verkennung der ihm obliegenden abgestuften Darlegungslast weiteren Sachvortrag zu den betrieblichen Gründen für die getroffene Kündigungsentscheidung unterlassen. Ein entsprechender Hinweis nach § 139 ZPO ist nicht ergangen, weil beide Vorinstanzen das Vorbringen des Beklagten für ausreichend substantiiert gehalten haben. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, in einer Tatsacheninstanz unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze zur Sache weiter vorzutragen. Das Landesarbeitsgericht, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht, wird auf der Grundlage dieses Vorbringens die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen und zu prüfen haben, ob die Auswahl zwischen beiden Arbeitnehmern das verfassungsgemäß gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahrt.

g) Was die Auswahl zwischen dem Kläger und den drei anderen benannten Arbeitnehmern anbelangt, so ist diese gleichfalls nach den oben dargelegten Grundsätzen zu überprüfen, wobei nicht abzusehen ist, ob die betrieblichen Gründe, auf die der Beklagte seine Auswahlentscheidung möglicherweise stützen wird, auch auf diese drei Arbeitnehmer zutreffen. In allen drei Fällen ist aber zu berücksichtigen, daß der Vergleich der Sozialdaten keine derart evident höhere Schutzbedürftigkeit des Klägers erkennen läßt wie zwischen dem Kläger und dem vierten Arbeitnehmer. Wenn das Landesarbeitsgericht die Weiterbeschäftigung des Sohnes des Beklagten und des Arbeitnehmers E , der vier Kinder zu versorgen hat, für sachlich gerechtfertigt hält, so ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Konkrete Rügen werden insoweit von der Revision auch nicht erhoben. Bei dem Arbeitnehmer S erweisen sich die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zwar schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil nicht eindeutig festgestellt ist, ob die höhere soziale Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers S hinsichtlich der Unterhaltspflichten (verheiratet), auf die das Landesarbeitsgericht entscheidend abgestellt hat, tatsächlich vorliegt. So krass wie der Sozialdatenvergleich zwischen dem Kläger und dem vierten Arbeitnehmer fällt der Vergleich zwischen dem Kläger und Herrn S aber nicht aus, da beide fast gleichaltrig sind. Falls es darauf noch ankommen sollte, sind nach der Zurückverweisung auch die den Vergleich zwischen dem Kläger und Herrn S betreffenden tatsächlichen Umstände vom Landesarbeitsgericht näher aufzuklären und zu bewerten.