Eine betriebsbedingte Kündigung kann jeden treffen – unabhängig von der eigenen Arbeitsleistung. Doch nicht jede Kündigung ist rechtmäßig. Hier erfahren Sie, welche Regeln Ihr Arbeitgeber einhalten muss und wo Sie ansetzen können.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Ihr Arbeitgeber kann Ihnen betriebsbedingt kündigen, wenn:
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Ihr Arbeitsplatz wegfällt (z. B. durch Betriebsschließung, Outsourcing, Automatisierung)
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Das Unternehmen Personal abbauen muss
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Es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für Sie gibt
Wichtig: Ihr Arbeitgeber muss dringende betriebliche Gründe nachweisen können. Eine vage Begründung wie „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ reicht nicht aus.
Die Sozialauswahl – hier lohnt sich oft ein Angriff!
Wenn mehrere Mitarbeiter für eine Kündigung in Frage kommen, muss Ihr Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen. Dabei werden Sie mit vergleichbaren Kollegen verglichen.
Diese Kriterien muss der Arbeitgeber berücksichtigen:
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Betriebszugehörigkeit – Wie lange arbeiten Sie schon im Unternehmen?
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Lebensalter – Ältere Arbeitnehmer sind schwerer vermittelbar
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Unterhaltspflichten – Haben Sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige?
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Schwerbehinderung – Besonderer Schutz für schwerbehinderte Menschen
Beispiel: Sie sind 52 Jahre alt, seit 15 Jahren im Betrieb und haben zwei Kinder. Ein 28-jähriger Kollege ohne Kinder und 5 Jahren Betriebszugehörigkeit macht die gleiche Arbeit. Kündigt der Arbeitgeber Ihnen statt ihm, ist die Sozialauswahl falsch – die Kündigung ist unwirksam!
Achtung „Leistungsträger“: Ihr Arbeitgeber kann besonders wichtige Mitarbeiter von der Kündigung ausnehmen – aber nur unter strengen Voraussetzungen. Oft wird dieses „Leistungsträgerprivileg“ rechtswidrig angewendet.
Unser Tipp: Lassen Sie die Sozialauswahl unbedingt prüfen! Fehler sind hier häufig und führen zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Betriebsrat nicht angehört? Kündigung unwirksam!
Wenn es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat gibt, muss dieser vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden.
Häufige Fehler:
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Betriebsrat wurde gar nicht informiert
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Informationen waren unvollständig (z. B. fehlende Angaben zur Sozialauswahl)
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Anhörungsfrist wurde nicht eingehalten
Folge: Die Kündigung ist unwirksam – selbst wenn die betrieblichen Gründe stimmen!
Interessenausgleich und Sozialplan – was bedeutet das für Sie?
Bei größeren Umstrukturierungen (ab 60 Mitarbeitern oft schon bei 6+ Kündigungen) muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat verhandeln:
1. Interessenausgleich
Eine Vereinbarung darüber, ob und wie die Betriebsänderung durchgeführt wird. Für Sie wichtig: Steht Ihr Name in einer Namensliste im Interessenausgleich, ist die Sozialauswahl nur eingeschränkt überprüfbar. Das macht es schwerer, sich gegen die Kündigung zu wehren.
2. Sozialplan
Ein Sozialplan regelt, welche Abfindungen und Ausgleichsleistungen Sie erhalten.
Typische Leistungen:
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Abfindung (oft 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr)
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Überbrückungsgeld
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Unterstützung bei der Jobsuche (Outplacement)
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Weiterbildungsangebote
Achtung Ausschlüsse: Viele Sozialpläne enthalten Klauseln, die bestimmte Mitarbeiter ausschließen:
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Bei Eigenkündigung (deshalb nie vorschnell selbst kündigen!)
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Bei Rentennähe (z. B. wenn Sie innerhalb von 2 Jahren in Rente gehen können)
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Bei Ablehnung eines Aufhebungsvertrags
Wichtig: Ein Sozialplan gilt für alle Betroffenen – Sie müssen ihn nicht individuell aushandeln. Prüfen Sie aber, ob Sie alle Leistungen erhalten, die Ihnen zustehen!
Ihre Rechte bei betriebsbedingter Kündigung – Checkliste
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☐ 3-Wochen-Frist beachten! Kündigungsschutzklage muss innerhalb von 3 Wochen eingereicht werden
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☐ Kündigungsgründe prüfen: Sind die betrieblichen Gründe nachvollziehbar?
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☐ Sozialauswahl kontrollieren: Wurden alle vergleichbaren Kollegen korrekt einbezogen?
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☐ Betriebsratsanhörung: Wurde der Betriebsrat ordnungsgemäß informiert?
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☐ Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten: Hat der Arbeitgeber geprüft, ob Sie woanders im Betrieb einsetzbar sind?
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☐ Sozialplan prüfen: Erhalten Sie alle Leistungen, die Ihnen zustehen?
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☐ Arbeitszeugnis anfordern: Lassen Sie sich ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen
Wann lohnt sich eine Kündigungsschutzklage?
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Die Sozialauswahl fehlerhaft ist
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Der Betriebsrat nicht oder falsch angehört wurde
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Die betrieblichen Gründe nicht ausreichend dargelegt sind
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Sie hätten weiterbeschäftigt werden können
Auch ohne Erfolg vor Gericht: Oft einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Prozess auf eine höhere Abfindung, um das Verfahren zu beenden.
Fazit: Wehren Sie sich – es lohnt sich oft!
Betriebsbedingte Kündigungen sind rechtlich komplex. Viele Arbeitgeber machen Fehler bei der Sozialauswahl oder Betriebsratsanhörung. Selbst wenn die Kündigung letztlich wirksam ist, können Sie oft eine deutlich höhere Abfindung aushandeln.
Unser Rat:
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⏰ Handeln Sie sofort – die 3-Wochen-Frist ist unerbittlich
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📄 Sammeln Sie alle Unterlagen (Kündigung, Arbeitsvertrag, Sozialplan)
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🤝 Sprechen Sie mit Kollegen – wurden andere verschont, die sozial weniger schutzbedürftig sind?
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⚖️ Lassen Sie sich beraten – die erste Einschätzung gibt oft schon Klarheit
Eine betriebsbedingte Kündigung ist kein Grund zur Resignation. In vielen Fällen können wir Ihnen helfen – durch Aufhebung der Kündigung oder durch eine deutlich bessere Abfindung.
