Leitsatz
1. Der Vollzug der Strafhaft unter täglichem Einschluss von 23 Stunden ohne Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten, ohne Gruppenangebote im weiteren Sinne und ohne jeden sozialen Austausch widerspricht den gesetzlichen Vollzugszielen in eklatanter Weise und verhindert jede Form der Resozialisierung. Er verletzt den Gefangenen in seiner Menschenwürde und macht ihn zum Objekt staatlichen Handelns.
2. Eine allgemein praktizierte Gestaltung des Einschlusses kann nicht durch eine im Einzelfall bestehende Sicherungsverfügung gerechtfertigt werden, insbesondere wenn nicht Inhalt der Sicherungsverfügung explizit der Einschluss für 23 Stunden ist.
Tenor
Auf die Berufungen beider Parteien wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. April 2013 – Az. 86 O 152/12 – dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 900 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. September 2012 zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen wird.
Die Berufungen beider Parteien werden im Übrigen zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihr beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Geldentschädigung für immaterielle Schäden wegen der seiner Ansicht nach menschenunwürdigen Unterbringung in den Justizvollzugsanstalten M… (Teilanstalt I) und T… (Teilanstalt I) des Beklagten.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen und darüber hinaus Folgendes ergänzt: Die Umschlussregelung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… war dergestalt geregelt, dass die Gefangenen einem 23-stündigen Einschluss unterworfen waren (vgl. tabellarischen Übersicht über die „zeitliche Ausgestaltung der Umschlussregelung in der TA I (ab 27. Juli 2007)“). Aufgrund der Sicherungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 13. März 2006 – durch richterlichen Beschluss vom 23. März 2006 bestätigt – war der Kläger bis zum 7. Januar 2010 Beschränkungen wie Einzelunterbringung in einem zum Innenhof gelegenen Haftraum, Tatgenossentrennung, Einzelfreistunde, Verbot der Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen sowie am Um- und Aufschluss bzw. Gesprächen im Gruppen- und Beratungszentrum, Verbot der Arbeit außerhalb des Haftraumes unterworfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Kopie bei den Akten befindliche Sicherungsverfügung vom 13. März 2006 Bezug genommen.
Nach seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt T…, Teilanstalt I, am 6. April 2010 wies die zuständige Gruppenleiterin, Frau T…, den Kläger im Rahmen des Zugangsgespräches am 12. April 2010 darauf hin, dass die Unterbringungszeit in dem 5,3 m² großen Haftraum eine Zeitspanne von drei Monaten keineswegs überschreiten werde. Während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt T… war der Kläger täglich zwischen 13 Stunden 35 Minuten wochentags und 18 Stunden 50 Minuten (sonn- und feiertags) unter Verschluss. Während der Aufschlusszeiten gab es zahlreiche Freizeit- und Bildungsangebote sowie die Möglichkeit des Hofganges.
Das Landgericht hat dem Kläger für die Dauer seiner Unterbringung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… für den Zeitraum vom 6. April 2010 bis 4. Juni 2010 eine Entschädigung in Höhe von 2.360 EUR zugesprochen.
Beide Parteien haben Berufung eingelegt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine schon erstinstanzlich geltend gemachte Klageforderung weiter (für insgesamt 1.481 Tage in der Justizvollzugsanstalt M… je 25 €, Summe 37.025 €), wobei er jedoch die Höhe der für die Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt T… zugesprochenen Entschädigung nicht angreift.
Er behauptet: Er habe zahlreiche Verlegungsanträge gestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. April 2013 aufzuheben, soweit hierdurch die Klage abgewiesen wurde, und den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung in Geld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen, wobei die Höhe der weiteren Entschädigung mit einem Vorschlag von 37.025 EUR in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen
sowie
unter Abänderung des am 25. April 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin – Geschäftsnummer 86.O.152/12 – die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte strebt mit seiner Berufung die Abweisung der Klage auch insoweit an, als ihr das Landgericht stattgegeben hat, und greift auch die Höhe der zugesprochenen Entschädigung an.
Der Beklagte behauptet: Hätte der Kläger nach dem 5. November 2009 mit Nachdruck Verlegungsanträge gestellt, wäre er binnen kürzester Frist aus einem der kleinen Hafträume in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… in einen größeren Haftraum der Teilanstalten II oder III verlegt worden.
Er erhebt die Einrede der Verjährung.
Auf Grund seines Beweisbeschlusses vom 20. Januar 2015 hat der Senat Beweis erhoben über die Behauptung des Beklagten, der Kläger wäre im Falle eines nach dem 5. November 2009 mit Nachdruck gestellten Verlegungsantrages binnen kürzester Frist aus einem der kleinen Hafträume in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… in einen größeren Haftraum der Teilanstalten II oder III verlegt worden, durch Verwertung der Sitzungsprotokolle des Kammergerichts vom 13. Februar 2014 – 9 U 101/12 – mit der Aussage des damaligen stellvertretenden Teilanstaltsleiters der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… F… S… sowie des Sitzungsprotokolls des Kammergerichts vom 11. März 2014 – 9 U 162/13 – mit den Aussagen der seinerzeitigen Teilanstaltsleiterin der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… M… L… und der Vollzugsleiterin der Justizvollzugsanstalt I… L…-S… sowie durch Vernehmung der Zeugen S…, L… und L…-S…. Wegen des Inhalts der Urkunden wird auf diese Protokolle Bezug genommen. Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Februar 2015.
II.
Die zulässigen Berufungen haben Erfolg, und zwar diejenige des Klägers zum Teil, diejenige des Beklagten in vollem Umfange.
1.
Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
Soweit das Landgericht dem Kläger eine Entschädigung für die Zeit seiner Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt M… (Teilanstalt I) insgesamt abgesprochen hat, ist seine Berufung teilweise begründet. Dem Kläger steht die Entschädigung in Höhe von 900 € für seine Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt M… für den Zeitraum vom 11. Juni bis 22. Juli 2009 aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu.
a)
Die Bediensteten des Beklagten mögen den Kläger unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Justizvollzugsanstalt M… inhaftiert und dadurch gegen Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßen haben. Dies war jedenfalls in dem Zeitraum ab dem 11. Juni 2009 der Fall.
aa)
Ob der Vollzug von Haft als menschenunwürdig und damit amtspflichtwidrig anzusehen ist, ist jeweils nach einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als erhebliche Umstände kommen insbesondere die Anzahl der in einem Haftraum untergebrachten Gefangenen, die Größe der jedem Gefangenen zur Verfügung stehenden Haftraumfläche, die Ausgestaltung der sanitären Anlagen im Haftraum, die Gesamtdauer der Unterbringung sowie die täglichen Einschlusszeiten in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 6 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 409/09 – juris Tz. 30). Dementsprechend hat der Senat in ständiger, vom Bundesgerichtshof gebilligter Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 21. September 2012 – 9 U 123/11 sowie 9 U 138/12 – und vom 23. Oktober 2012 – 9 U 34/12 -, vgl. hierzu jeweils BGH, Urteile vom 4. Juli 2013 – III ZR 338/12, III ZR 339/12 sowie III ZR 342/12) in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (BerlVerfGH, Beschluss vom 3. November 2009 – 184/07 – juris Tz. 28) entschieden, dass die Unterbringung von Gefangenen in Einzelhafträumen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… mit einer Fläche von etwa 5,3 Quadratmetern und nicht gesonderter Toilette bei täglichen Einschlusszeiten zwischen 15 und fast 21 Stunden auch im Einweisungsverfahren einen amtspflichtwidrigen menschenunwürdigen Vollzug der Haft darstellt, wenn sie länger als einen Monat andauert. Ist für den Gefangenen unabsehbar, wie lange er unter solchen Bedingungen untergebracht sein wird, ist also für ihn nicht von vornherein klar, wann die Belastungen enden werden, sondern ist die Dauer seines Verbleibs intransparent, sind ihm die genannten Haftbedingungen auch nicht kurzfristig zumutbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. August 2012 – 9 U 121/11 – juris Tz. 13).
bb)
Nach diesen Grundsätzen mag der Beklagte den Kläger in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… menschenunwürdig untergebracht haben.
(1)
Das folgt allerdings nicht allein aus der Haftraumgröße. Der Kläger war im genannten Zeitraum in einem Einzelhaftraum mit einer Größe von 8,89 Quadratmetern inhaftiert. Der als solchen für sich allein genommenen unproblematischen Haftraumgröße steht aber gegenüber, dass der Kläger täglich bei nur einer Freistunde rund 23 Stunden in dem Haftraum eingesperrt war und sich sein dortiger Aufenthalt ohne klare zeitliche Begrenzung über Monate hinzog. Derart lange tägliche Einschlusszeiten über einen längeren Zeitraum hinweg stellen eine ganz erhebliche Beeinträchtigung grundlegender menschlicher Lebensbedingungen dar. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtwürdigung liegt es nahe, dass hierbei die Grenze des noch Zumutbaren überschritten wurde und die Haftbedingungen unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen an die Untersuchungshaft einerseits und der Strafhaft andererseits nicht mehr menschenwürdig waren.
Jedenfalls war die Unterbringung des Klägers im Zeitraum vom 11. Juni 2009 bis 6. April 2010, in dem Zeitraum also, da die Verurteilung des Klägers bereits rechtskräftig war, menschenunwürdig, weil die in diesem Zeitraum vollzogene Strafhaft unter den vorgenannten Bedingungen nicht an seiner Resozialisierung als dem nach den §§ 2, 3 StrafVollzG maßgeblichen Ziel des Strafvollzuges ausgerichtet war. Der Einschluss von 23 Stunden ohne Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten, ohne Gruppenangebote im weiteren Sinne und ohne jeden sozialen Austausch widerspricht diesen Vollzugszielen in eklatanter Weise und verhindert jede Form der Resozialisierung. Ein Vollzug von Haft ohne klare Orientierung an diesem Vollzugsziel der Resozialisierung aber regrediert zur bloßen Verwahrung, verletzt den Gefangenen in seiner Menschenwürde und macht ihn zum Objekt staatlichen Handelns. Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Bewertung einer Verletzung der Menschenwürde des Klägers ist für den Senat auch der Umstand, dass der Beklagte mit Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung des Klägers, also mit Übergang der Untersuchungshaft in Strafhaft erkennbar keine Maßnahmen getroffen hat, um diesem grundsätzlichen Wechsel im Charakter des Haftvollzuges überhaupt gerecht zu werden. Es sind weder Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst erkennbar, nach welchen der Beklagte diesem Umstand Rechnung getragen hätte. Wird ein in Haft befindlicher Mensch jedoch in diesem Sinne “vergessen”, so kommt darin eine ganz besondere Missachtung des Kernbereichs der Persönlichkeit, dessen Achtung jeder Mensch verdient hat, zum Ausdruck.
Die hiergegen von dem Beklagten erhobenen Einwendungen, welche allein organisatorischer Art sind und in keiner Weise die Rechte des Klägers, dessen Menschenwürde wie auch die Ziele des Strafvollzuges berücksichtigen, vermögen an der Amtspflichtwidrigkeit nichts zu ändern. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte insbesondere darauf, dem Kläger einen überdurchschnittlich großen Haftraum in Kompensation zu den Einschlusszeiten zur Verfügung gestellt zu haben. Es kann dahinstehen, ob es sich bei einem Haftraum mit einer Größe von 8,89 m² um einen tatsächlich überdurchschnittlich großen Haftraum handelt. Jedenfalls vermag er nicht eine fast vollständige Beschränkung der Freiheit von 23 Stunden Einschluss auszugleichen.
(2)
Soweit daneben auch unhygienische und ungesunde Zustände in den Hafträumen, zwar nicht isoliert, wohl aber wenn sie massiv und kumulativ auftreten, eine Verletzung der Menschenwürde begründen können, fallen derartige vom Kläger angeführte Umstände seiner Haft (alte Toilettenschüssel, Fliegengitter, zu hoch angesetzte Fenster, Hafträume zu dunkel, nicht renoviert, verschmutzt, Ausdünstungen, Schimmel, Fäkaliengeruch), wie auch das Landgericht zutreffend dargelegt hat, nicht erheblich ins Gewicht. Der Kläger hat keinen Zustand vorgetragen, der eine Verletzung der Menschenwürde begründen würde. Insoweit mag zwar eine ”schäbige“ Ausstattung der Hafträume gegeben sein, jedoch ist insoweit nicht zu erkennen, dass dies Ausdruck von Verachtung oder Missachtung des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt, gewesen ist. Nicht jeder im allgemeinen Sprachgebrauch als ”unwürdig” bezeichnete Zustand verletzt die verfassungsrechtlich geschützte Menschenwürde (BerlVerfGH, Beschluss vom 3. November 2009 – 184/07- juris Tz. 25). Die Schwelle zu einer Verletzung der Menschenwürde ist aufgrund der geschilderten baulichen Gegebenheiten noch nicht überschritten.
(3)
Der Beklagte kann sich zur Rechtfertigung dieser fast vollständigen Beschränkung der Freiheit des Klägers nicht auf die Sicherungsverfügung vom 13. März 2006 – richterlich bestätigt am 23. März 2006 – berufen.
Es kann dahinstehen, ob eine solche Sicherungsverfügung überhaupt eine Rechtfertigung für den ansonsten menschenunwürdigen Vollzug der Haft bilden kann und ob die Sicherungsverfügung vom 13. März 2006 den strengen gesetzlichen Anforderungen der §§ 88, 89 StVollzG gerecht wurde, ob sie nicht hätte aufgehoben werden müssen, wie auch welche Konsequenzen eine Rechtswidrigkeit der Sicherungsverfügung für den Vorwurf gegenüber dem Beklagten hätte. Zweifel sind deshalb gerechtfertigt, weil weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, warum der Kläger von sämtlichen anderen Gefangenen vollständig zu isolieren gewesen wäre, warum ihm jeglicher sozialer Austausch auch im Rahmen von Gemeinschaftsveranstaltungen oder Gesprächen im Gruppen- und Beratungszentrum zu verwehren gewesen wäre, warum eine solche Beschränkung dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gerecht werden sollte, wie dieser über Jahre andauernde Zustand mit § 89 StVollzG in Einklang zu bringen sein sollte noch dass auch die nach § 89 Abs. 2 StVollzG notwendige Zustimmung der Aufsichtsbehörde bei Andauern über einen Zeitraum von 3 Monaten hinweg vorgelegen oder auch nur beantragt worden wäre. Eine solche Rechtfertigung der durch den Beklagten vollzogenen Strafhaft – nicht notwendigerweise der Anordnung der Freiheitsbeschränkung – käme allenfalls dann in Betracht, wenn Inhalt der Sicherungsverfügung explizit der Einschluss für 23 Stunden gewesen wäre und die Voraussetzungen der Einzelhaft gemäß § 89 StVollzG vorgelegen hätten. Das war aber gerade nicht der Fall.
Schließlich kann die Sicherungsverfügung schon deshalb nicht als Rechtfertigung taugen, weil Gefangene in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… generell und ohne Einzelfallprüfung einem 23-stündigen Einschluss unterworfen sind, wie sich aus der von dem Beklagten eingereichten tabellarischen Übersicht über die „zeitliche Ausgestaltung der Umschlussregelung in der TA I (ab 27. Juli 2007)“ ergibt. Der Kläger war also nicht individuellen, auf die Sicherungsverfügung zugeschnittenen Haftbedingungen unterworfen. Vielmehr entsprach der 23-stündige Einschluss dem gewöhnlichen Tagesablauf in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M…. Eine solche allgemein praktizierte Gestaltung des Verschlusses aber kann sich nicht auf eine im Einzelfall bestehende Sicherungsverfügung berufen, zumal der Beklagte nach dem 10. Juni 2009, als die Verurteilung des Klägers rechtskräftig wurde und die Voraussetzungen der Sicherungsverfügung nicht mehr vorlagen, dennoch keinerlei Maßnahmen getroffen hat, die Ausgestaltung seiner Haftbedingungen den veränderten Umständen anzupassen.
b)
Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob der Kläger in dem nach den vorstehenden Ausführungen in Betracht kommendem Zeitraum bis zum 10. Juni 2009 amtspflichtwidrig unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Justizvollzugsanstalt M… untergebracht war. Denn die Bediensteten des Beklagten haben jedenfalls, soweit dies den Zeitraum der Untersuchungshaft des Klägers bis zum 10. Juni 2009 einschließlich betrifft, nicht schuldhaft gegen Amtspflichten verstoßen, was weitere Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre, während demgegenüber für den Zeitraum der Strafhaft des Klägers vom 11. Juni 2009 bis 6. April 2010 ein solches Verschulden anzunehmen ist.
aa)
Bei der Verschuldensprüfung ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von einem Amtsträger generell erwartet werden kann. Jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes hat die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung zu bilden. Wenn die nach solcher Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als vertretbar angesehen werden kann, lässt sich aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht herleiten. Eine infolge unrichtiger Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung fehlerhafte Amtsausübung ist zwar unter anderem dann schuldhaft, wenn die Auslegung und Anwendung gegen den klaren, bestimmten und völlig eindeutigen Wortlaut des Gesetzes verstößt oder zu einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung in Widerspruch steht. Anders ist es aber, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen ist beziehungsweise die Auslegung einer Vorschrift – bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall – zweifelhaft sein kann und insoweit die Sache weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 10 m.w.N.).
bb)
Nach diesen Grundsätzen haben die verantwortlichen Amtsinhaber des Beklagten bei der Unterbringung des Klägers während seiner Untersuchungshaft im Zeitraum bis zum 10. Juni 2009 nicht fahrlässig gehandelt, denn es war vertretbar, davon auszugehen, dass die oben festgestellten Haftbedingungen die Schwelle zu einer Verletzung der Menschenwürde noch nicht überschritten hätten.
Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei der Beurteilung der Haftbedingungen, wie bereits ausgeführt, immer um eine schwierige Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls handelt, in der ein Verstoß gegen die Menschenwürde beispielsweise nicht mit der Größe der Zelle allein, sondern unter wertender Heranziehung aller Haftbedingungen festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 15 m.w.N.). Verfassungsgerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung aus der die verantwortlichen Amtsträger des Beklagten auf eine menschenunwürdige Unterbringung des Klägers in den Einzelhafträumen hätten schließen können, existierte bis zu dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 (VerfGH 184/07) nicht. Vielmehr drehte sich der politische, fach- und verfassungsgerichtliche Diskurs um Fragen der Überbelegung in gemeinschaftlichen Hafträumen und dadurch verursachte Verstöße gegen die Menschenwürde. Die Problematik einer zu kleinen Einzelzelle spielte – wie der Senat in ständiger Rechtsprechung ausführlich erörtert hat (vgl. nur Senat, Urteil vom 14. August 2012 – 9 U 121/11 -, juris Tz. 33 ff) – in der Diskussion bis dahin keine Rolle (so auch BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 12 m.w.N.). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgten keine weitergehenden Anforderungen (Senat, Urteil vom 14. August 2012 – 9 U 121/11 -, juris Tz. 35; BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 13). Aber auch die äußerst langen täglichen Einschlusszeiten im Rahmen der Untersuchungshaft waren, soweit ersichtlich, vor dem streitgegenständlichen Haftzeitraum nicht problematisiert worden (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Oktober 1993 – 2 BvR 1778/93 – juris Tz. 9 sowie Kammerbeschluss vom 13. November 2007 – 2 BvR 939/07; anders erst nunmehr BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Oktober 2012 – 2 BvR 736/11 – juris Tz. 31). Vor diesem Hintergrund kann es den Bediensteten des Beklagten nicht zur Last gelegt werden, dass sie die Haftsituation, die durch den 23-stündigen Einschluss des Klägers geprägt war, während der Untersuchungshaft für hinnehmbar hielten.
cc)
Demgegenüber verletzten sie schuldhaft ihre Amtspflichten zur menschenwürdigen Unterbringung des Klägers, als sie diesen seit dem 11. Juni 2009 bei dem Vollzug der Strafhaft weiterhin den menschenunwürdigen Haftbedingungen unterwarfen.
Unter Zugrundelegung der oben beschriebenen Maßstäbe nämlich hätten die Bediensteten des Beklagten erkennen können und müssen, dass ein 23-stündiger Einschluss während der Strafhaft des rechtskräftig verurteilten Klägers ab dem 11. Juni 2009 dessen Menschenwürde verletzt, seine Inhaftierung auf eine bloße Verwahrung reduziert und dem Vollzugsziel der Resozialisierung diametral entgegenläuft. Die Anforderungen an die Einzelhaft gemäß § 89 StVollzG sind seit Jahrzehnten in der Rechtsprechung festgelegt und auch durch publizierte verfassungsrechtliche Entscheidungen abgesichert (vgl. beispielhaft BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. April 1999 – 2 BvR 827/98). Gerade aber die Anforderungen an die notwendige Resozialisierung sind seit Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes Gegenstand umfassender Auseinandersetzung in Rechtsprechung und Literatur. Es bedurfte keiner weiteren erläuternden Hilfestellungen zu der Erkenntnis, dass unter Ausschluss jeder sozialen Kontakte eine Resozialisierung schlichtweg nicht möglich ist.
Ein Verschulden der Amtsträger des Beklagten entfällt auch nicht deshalb, weil in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… nicht hinreichend Haftplätze zur Verfügung standen. Können menschenwürdige Haftbedingungen auch unter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht sichergestellt werden, muss notfalls die Strafvollstreckung unterbrochen werden (BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 124/09 – juris Tz. 15; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 1. Senats vom 22. Februar 2012 – 1 BvR 409/09 – juris Tz. 49). Im Hinblick auf möglicherweise drohende Flucht- oder Wiederholungsgefahr von Gefangenen hätte der Beklagte zur Gewinnung menschenwürdiger Haftbedingungen in seinen sämtlichen Justizvollzugsanstalten eine sachgerechte Auswahl derjenigen Gefangenen treffen können, für die eine vorübergehende Unterbrechung der Strafhaft in Betracht kam, ohne die endgültige Durchsetzung des Strafanspruchs oder die öffentliche Sicherheit zu gefährden. Das Gleiche gilt, wenn – wie hier – nicht die Gestaltung des Haftraums per se die Verletzung der Menschenwürde beinhaltet, sondern die Ausgestaltung der Haft im Übrigen (Einschlusszeit) und deren Realisierung wegen möglicherweise unzureichender personeller Ausstattung nicht anders als durch einen 23-stündigen Einschluss zu realisieren gewesen wäre.
Bezieht sich der Verschuldensvorwurf demnach auf die unterlassene Beendigung der menschenunwürdigen Unterbringung des Klägers durch seine Verlegung in eine andere Zelle bzw. eine andere Haftanstalt oder durch Unterbrechung der Strafhaft, geht der Hinweis des Antragsgegners auf die fehlende Zuweisung von Haushaltsmitteln oder personeller Ausstattung durch das Parlament von vornherein fehl. Unabhängig davon dürfen angesichts der besonderen Verantwortung des Staates für Strafgefangene, die der Staatsgewalt unmittelbar unterworfen sind, auch bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestimmte Minimalstandards nicht unterschritten werden (BerlVerfGH, Beschluss vom 3. November 2009 – 184/07 – juris Tz. 24; s.a. BGH Beschluss vom 21. Dezember 2005 – III ZR 33/05 – juris Tz. 4).
Die Bediensteten des Beklagten mussten auch erkennen, dass die Sicherungsverfügung vom 13. März 2006 nicht zur Rechtfertigung einer unter Ausschluss jeder Resozialisierung vollzogenen und daher menschenunwürdigen Strafhaft dienen konnte. Die Sicherungsverfügung nämlich ordnete – wie dargestellt – gerade nicht die 23-stündige Abschottung von jeder menschlichen Gemeinschaft an, lediglich die durch den Beklagten organisierte Umsetzung derselben hatte jene Isolierung zur Folge. Im Übrigen beruhte der 23stündige Einschluss des Klägers – wie dargestellt – nicht auf der Sicherungsverfügung, sondern der allgemeinen Ausgestaltung des Tagesablaufes in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M…. Dass Alternativen bestanden hätten, lag für den Beklagten ebenso auf der Hand, wie es jetzt für den Senat sichtbar ist. Es ist auch offensichtlich, dass die Menschenwürde nicht durch Erwägungen der Sicherheit aufgewogen werden kann.
c)
Soweit danach im Zeitraum vom 11. Juni 2009 bis 6. April 2010 eine schuldhaft amtspflichtwidrige, weil menschenunwürdige Unterbringung des Klägers festzustellen ist, sind seine Ansprüche nur (bb) in dem Zeitraum vom 11. Juni bis 22. Juli 2009 begründet, während sie im Übrigen gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sind (aa).
aa)
Der Anspruch des Klägers ist ab dem 23. Juli 2009 gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift tritt eine Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Dies ist in Ansehung des Klägers der Fall.
(1)
Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift sind alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinne, die der Betroffene gegen das schädigende Verhalten des Amtsträgers ergreifen konnte; sie müssen darauf abzielen und geeignet sein, das schädigende Verhalten des Amtsträgers zu beseitigen oder zu berichtigen und dadurch die Entstehung eines Schadens zu verhindern beziehungsweise abzumindern (vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 19; vom 20. Februar 2003 – III ZR 224/01 – juris Tz. 57). Zu den Rechtsmitteln gehören in erster Linie Verlegungsanträge, Anregungen und Beschwerden in den den Gefangenen selbst betreffenden Angelegenheiten an die Anstaltsleitung nach § 108 Abs. 1 StVollzG sowie Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109, 114 StVollzG (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 19; OLG Hamm, Urteil vom 29. September 2010 – 11 U 367/09 u. a. – juris Tz. 42).
Ein solches Rechtsmittel im weiteren Sinne hat der Kläger unterlassen. Zwar ist streitig, ob der Kläger vorliegend ein solches Rechtsmittel eingelegt hat, sich insbesondere mit einem Verlegungsantrag an den Anstaltsleiter gewandt hat. Jedoch ist der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten. Denn der Beklagte hat der Vernehmung des Klägers widersprochen, § 447 ZPO. Der Kläger hat sich auch – insoweit unstreitig – wegen der menschenunwürdigen Haftbedingungen nicht mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109, 114 StVollzG an das Landgericht gewendet.
(2)
Dies geschah auch schuldhaft. Die Nichtergreifung eines zur Verfügung stehenden Rechtsmittels ist regelmäßig als schuldhaft anzusehen.
An dem in § 839 Abs. 3 BGB vorausgesetzten Verschulden kann es zwar fehlen, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs so gering oder zweifelhaft erscheint, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 – III ZR 224/01 – juris Tz. 59), wobei auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 182/08 – juris Tz. 2). Im vorliegenden Fall ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger die Einlegung von Rechtsmitteln unzumutbar gewesen wäre, weil auf diesem Wege eine wirksame Abwehr der Beeinträchtigung seiner Rechte möglich war.
(3)
Das Rechtsmittel hätte auch Erfolg gehabt. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin nach einem ggf. erfolglosen Verlegungsantrag des Klägers beim Anstaltsleiter und bei einem gerichtlichen Antrag des Klägers nach den §§ 109, 114 StVollzG angeordnet hätte, ihn menschenwürdig unterzubringen und den 23stündigen Einschluss aufzuheben. Eine abweichende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ist nicht denkbar, da jede Strafhaft ohne Resozialisierung den Gefangenen zum Objekt staatlichen Handelns degradiert.
Der Vollzug der Haft des Klägers unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… wäre spätestens nach sechs Wochen beendet gewesen, wenn er die erforderlichen Rechtsbehelfe ergriffen hätte. Wenn die Anstaltsleitung seinem Antrag nicht entsprochen hätte, hätte der Kläger nach einem wegen der Eilbedürftigkeit angemessenen Zeitraum von spätestens zwei Wochen auch ohne Bescheidung seines Antrags ein Rechtsmittel bei Gericht einlegen können und müssen. Der Senat geht davon aus, dass die Strafvollstreckungskammer sodann binnen eines Monats die abhelfende Entscheidung getroffen hätte, da es sich bei einer Angelegenheit, welche die unverzügliche Beendigung einer Verletzung der Menschenwürde zum Gegenstand hat, um eine eilige Sache gehandelt hätte.
Es unterliegt auch keinem vernünftigen Zweifel, dass der Beklagte einer Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, die menschenunwürdigen Haftbedingungen des Klägers zu beenden, unverzüglich Folge geleistet hätte.
bb)
Vor diesem Zeitpunkt aber, nämlich für die Zeit vom 11. Juni 2009 bis 22. Juli 2009, dagegen ist der Anspruch des Klägers nicht nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Es ist nämlich nicht hinreichend vorgetragen, dass ein im weiten Sinne des § 839 Abs. 3 BGB verstandenes Rechtsmittel des Klägers in diesem Zeitraum, also vor einer gerichtlichen Entscheidung der zuständigen Strafvollstreckungskammer, Erfolg gehabt und zu einer am Ende menschenwürdigen Unterbringung geführt hätte. Nur wenn dies aber feststünde, wofür den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 124/09 – zitiert nach juris Tz 9 m.w.N.), wäre die Haftung nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte nämlich räumt selbst ein, dass er den Kläger sogar auf einen ausdrücklichen Antrag hin nicht verlegt hätte, weil er seinerseits – in unzutreffender Weise – von einer Rechtmäßigkeit der Unterbringung ausging.
Auch soweit der Beklagte sich auf die Verfügbarkeit zahlreicher anderer Hafträume beruft, kann dies den Erfolg eines Rechtsmittels nicht begründen. Vorliegend nämlich gründet sich die Verletzung der Menschenwürde in der Abwägung ausschlaggebend auf die Länge der Einschlusszeit. Dass er diese aber auf einen einfachen Verlegungsantrag des Klägers hin jedoch maßgeblich verändert hätte, trägt der Beklagte, welcher allein auf die Größe der Hafträume fokussiert, selbst nicht vor.
d)
Für den entschädigungspflichtigen Zeitraum vom 11. Juni 2009 bis 22. Juli 2009 erscheint eine Geldentschädigung von 900 EUR angemessen, aber auch ausreichend. Dem Betroffenen steht ein Anspruch auf Geldentschädigung für immaterielle Schäden infolge menschenunwürdiger Haftbedingungen zu, wenn die damit verbundene Beeinträchtigung ein Mindestmaß an Schwere erreicht hat und nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann, wobei – ebenso wie bei einem Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, der Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2009 – III ZR 18/09 – juris Tz. 11; Urteil vom 4. November 2004 – III ZR 361/03 – juris Tz. 10). Der Anspruch auf Geldentschädigung gründet sich – hier vermittelt durch das Amtshaftungsrecht – auf den Schutzauftrag der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG und dient vornehmlich der Genugtuung des Verletzten, aber auch den Zwecken der wirksamen Sanktion und Prävention.
Der Senat ist in den Entscheidungen, in denen er wegen der Unterbringung in Einzelhafträumen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… Haftentschädigung zugesprochen hat, allerdings abweichend von dem Landgericht zu einer monatlichen Betrachtungsweise übergegangen, welche besser die Möglichkeit bietet, Bedeutung und Tragweite der Verletzung der Menschenwürde im Einzelfall angemessen zu berücksichtigen. Auf besondere entschädigungsrelevante Umstände wie beispielsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen kann auf diese Weise flexibler reagiert werden. Zugleich bleibt die gebotene Gleichbehandlung ähnlicher Fallgestaltungen sichergestellt. Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, dass bei menschenunwürdigen Haftbedingungen, die, von vorliegend, dem der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 3. November 2009 – VerfGH 184/07 – zugrunde liegenden Fall vergleichbar sind, regelmäßig eine monatliche Entschädigung von 600 Euro angemessen ist, wenn keine – hier fehlenden – konkreten Besonderheiten des Einzelfalles gegeben sind, die die Beeinträchtigung als besonders schwer oder aber weniger schwerwiegend erscheinen lassen (vgl. etwa Senat, Urteil vom 13. Dezember 2013 – 9 U 329/12 -, Urteil vom 10. April 2014 – 9 U 358/12 – sowie Urteil vom 15. April 2014 – 9 133/13).
Für den hier maßgeblichen Aufenthalt in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt M… sind konkrete Besonderheiten nicht ersichtlich, die die Beeinträchtigung durch die menschenunwürdigen Haftbedingungen als besonders schwer oder aber weniger schwerwiegend erscheinen lassen. Da sich der entschädigungspflichtige Zeitraum auf die 6 Wochen vom 11. Juni bis 22. Juli 2009 beschränkt, erscheint unter Berücksichtigung aller Umstände eine Entschädigung von 900,00 Euro angemessen.
e)
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
2.
Die Berufung des Beklagten hat in vollem Umfang Erfolg. Der Kläger hat für die Zeit seiner Unterbringung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… keinen Anspruch auf Entschädigung aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG als der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.
a)
Tatsächlich haben die Bediensteten des Beklagten den Kläger in den Zeitraum vom 6. April bis 12. April 2010 unter menschenunwürdigen Umständen untergebracht und damit die unmittelbar aus der Verfassung herzuleitenden Amtspflichten verletzt. Unter Anwendung der oben beschriebenen Grundsätze hat der Senat in ständiger, vom BGH gebilligter Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 21. September 2012 – 9 U 123/11 sowie 9 U 138/12 – und vom 23. Oktober 2012 – 9 U 34/12 -, vgl. hierzu jeweils BGH, Urteile vom 4. Juli 2013 – III ZR 338/12, III ZR 339/12 sowie III ZR 342/12) in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (BerlVerfGH, Beschluss vom 3. November 2009 – 184/07 – juris Tz. 28) entschieden, dass die Unterbringung von Gefangenen in Einzelhafträumen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… mit einer Fläche von etwa 5,3 Quadratmetern und – wie hier – nicht gesonderter Toilette bei täglichen Einschlusszeiten zwischen (einmal wöchentlich 6,5 bzw. 9,5 Stunden und ansonsten) 13,5 und fast 19 Stunden auch im Einweisungsverfahren einen amtspflichtwidrigen menschenunwürdigen Vollzug der Haft darstellt, wenn sie länger als einen Monat andauert. Ist für den Gefangenen unabsehbar, wie lange er unter solchen Bedingungen untergebracht sein wird, ist also für ihn nicht von vornherein klar, wann die Belastungen enden werden, sondern ist die Dauer seines Verbleibs intransparent, sind ihm die genannten Haftbedingungen auch nicht kurzfristig zumutbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. August 2012 – 9 U 121/11 – juris Tz. 13).
aa)
Mit Ausnahme der Zeit bis zum Zugangsgespräch am 12. April 2010 waren die Haftbedingungen dem Kläger im ersten Monat seiner Unterbringung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… allerdings zumutbar und damit nicht menschenunwürdig.
Der Senat ist aufgrund seiner Eindrücke aus der Inaugenscheinnahme einer Vielzahl von 5,3 m² großen Einzelhafträumen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… bei einem Ortstermin am 10. August 2012 in den Berufungsverfahren 9 U 121/11, 9 U 122/11, 9 U 9/12 sowie 9 U 59/12 zu der Überzeugung gelangt, dass unter den gegebenen Haftbedingungen erst nach einem Zeitraum von einem Monat die zu duldende Beeinträchtigung in eine nicht mehr zumutbare bloße Verwahrung des Gefangenen umschlägt, die ihm den Eindruck vermitteln musste, zum Objekt staatlichen Handelns zu werden.
Mag der Bewegungsspielraum in den voll möblierten Einzelhafträumen auch erheblich eingeschränkt gewesen sein, über den gemeinhin als überschaubar empfundenen Zeitraum von einem Monat war der Verbleib in dieser durchaus nur schwer erträglichen Wohnsituation noch zumutbar. Immerhin bot der Einzelhaftraum – im Unterschied zu einer Unterbringung in Gemeinschaftshafträumen – dem Kläger eine Rückzugsmöglichkeit ohne einer erzwungenen Nähe zu anderen Personen ausgesetzt zu sein. Auch seine Intimität bei der Verrichtung höchstpersönlicher Bedürfnisse war trotz des Umstandes, dass die Toilette vom übrigen Haftraum nicht abgetrennt war, gewahrt.
Soweit der 2. Strafsenat des Kammergerichts in seinem Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 2/5 Ws 189/05 – (S. 16 des Beschlusses) in Umsetzung der Vorgaben des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 (BerlVerfGH 184/07 – juris) eine Übergangszeit von bis zu zwei Monaten für zumutbar gehalten hat, vermochte der erkennende Senat dem allerdings nicht zu folgen.
Ab dem 12. April 2010 waren dem Kläger die Haftbedingungen damit bis zum Ablauf des ersten Monats seiner Unterbringung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… zumutbar. Angesichts dessen, dass dem Kläger an diesem Tage im Rahmen des Zugangsgespräches mitgeteilt worden ist, dass die Unterbringungszeit in dem ca. 5,3 Quadratmeter großen Haftraum drei Monate keinesfalls überschreiten wird, erscheint es von diesem Zeitpunkt ab ausgeschlossen, dass dem Kläger seinerzeit die Dauer, die er unter den belastenden Haftbedingungen wird verbringen müssen, unabsehbar erscheinen konnte und er deshalb hätte in Hoffnungslosigkeit verfallen können (BerlVerfGH, a.a.O. Tz. 33).
Der Beklagte hat aufgrund des Beschlusses des Verfassungsgerichthofes des Landes Berlin vom 3. November 2009, in dem dieser unter anderem festgestellt hatte, die Dauer des Verbleibs in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… sei nicht transparent, weil es keine verbindlichen Vorgaben für die Dauer des Einweisungsverfahrens gegeben habe (BerlVerfGH, a.a.O., juris Tz. 33), nach und nach den Verbleib der Gefangenen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… generell auf höchstens drei Monate begrenzt und diese Begrenzung jedem Gefangenen ab dem 5. November 2009 individuell – so auch dem Kläger, der erst im Jahre 2010 in die Justizvollzugsanstalt T… verlegt wurde, im vorliegenden Fall – mitgeteilt. Im Hinblick auf diese zum Zeitpunkt der Unterbringung des Klägers schon erfolgte Änderung der Vollzugspraxis kann nicht davon ausgegangen werden, die Dauer der Unterbringung des Klägers in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… sei für ihn unvorhersehbar gewesen und habe ihn in Hoffnungslosigkeit versetzt.
Da hiernach eine Gefahr, der Strafgefangene könne angesichts fehlender Transparenz bezüglich der Dauer der beengten Haftbedingungen in Hoffnungslosigkeit verfallen, angesichts des Zugangsgesprächs am 12. April 2010 ausgeschlossen erscheint, dieser Anhaltspunkt mithin bei der Beurteilung der Frage, ob die konkreten Haftbedingungen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau eine Verletzung der Menschenwürde darstellen, in den Hintergrund tritt, ist es unerheblich, ob die Mitteilung bei Aufnahme des Klägers in die Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T…, er werde nicht länger als drei Monate in den Hafträumen der Teilanstalt I verbringen müssen, zutreffend war sowie ob eine Unterbringung für eine Dauer von drei Monaten zulässig gewesen wäre.
Der Senat setzt sich hiermit nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin vom 3. November 2009 (BerlVerfGH 184/07 – juris). Der Verfassungsgerichtshof hat nicht festgestellt, welche Dauer eine Übergangszeit haben kann, für die einem Gefangenen die Unterbringung in einem etwa 5,3 m² großen Einzelhaftraum ohne abgetrennte Toilette bei langen Einschlusszeiten zugemutet werden kann. Er hat lediglich festgestellt, dass ein Zeitraum von zwei Wochen hinnehmbar sein kann, 89 Tage die Schwelle der Zumutbarkeit aber eindeutig überschreiten (BerlVerfGH, a.a.O. – juris Tz. 32).
Die Menschenunwürdigkeit der Haftbedingungen in den höchstens 5,3 m² großen Einzelhafträumen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… für eine nur kurze Dauer von zwei Wochen ergibt sich auch nicht aus einer Bindungswirkung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 (BerlVerfGH 184/07 – juris) gemäß § 30 VerfGHG Berlin (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1999 – 6 C 9/98 – juris Tz. 47 – 56 zu § 31 Absatz 1 BVerfGG). Eine solche Bindungswirkung kommt nur dann in Betracht, wenn der Fall, welcher der Bindungswirkung auslösenden Entscheidung des Verfassungsgerichts zugrunde liegt, und der Fall, welcher vom Fachgericht als Adressat der Bindungswirkung zu entscheiden ist, ein hohes Maß an Deckungsgleichheit aufweisen. Es muss sich um einen in jeder wesentlichen Beziehung gleich gelagerten Fall bzw. einen echten Parallel- oder Wiederholungsfall handeln, den die Entscheidung des BVerfG präjudiziert (BVerwG a.a.O. – juris Tz. 48). Im Hinblick auf die Dauer der menschenunwürdigen Haftbedingungen ist der vorliegenden Fall mit dem vom Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin entschiedenen Fall jedoch nicht vergleichbar.
bb)
In der Zeit vom 6. bis 12. April 2010 liegt hingegen eine Verletzung der Menschenwürde des Klägers vor. Bis zum 12. April 2010, als dem Kläger im Rahmen des Zugangsgespräches mitgeteilt worden ist, dass die Unterbringungszeit in dem ca. 5,3 Quadratmeter großen Haftraum drei Monate keinesfalls überschreiten wird, war für den Kläger nicht transparent, wie lange seine Unterbringung unter den belastenden Haftbedingungen andauern würde. Ist für den Gefangenen nicht von vornherein klar, wann die Belastungen enden werden, sind die genannten Haftbedingungen auch nicht kurzfristig zumutbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. August 2012 – 9 U 121/11 – juris Tz. 13; Urteil vom 25. März 2015 – 9 U 133/13).
cc)
Soweit der Kläger auch in Bezug auf seine Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt T… daneben unhygienische und ungesunde Zustände in den Hafträumen geltend macht, reichen diese auch hier aus den oben genannten Gründen (vgl. oben 1 a) bb) (2)) nicht aus, als dass die Schwelle zu einer Verletzung der Menschenwürde überschritten wäre.
b)
Für den Zeitraum vom 6. Mai bis 4. Juni 2010 dagegen – also nach Ablauf eines Monats – ist ein Anspruch des Klägers nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift tritt – wie oben dargestellt – eine Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Dabei sind Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB als alle Rechtsbehelfe im weitesten Sinne zu verstehen, die sich gegen die Amtspflichtverletzung richten (vgl. dazu oben 1 c) aa)).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend ab dem 6. Mai 2010 gegeben, denn der Kläger hat sich seinerseits nicht in sachgerechter Weise darum bemüht, die Menschenwürdeverletzung durch Gebrauch eines Rechtsmittels zu beenden, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre und obwohl ein Rechtsmittel Erfolg gehabt hätte. Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger auf ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB hin jedenfalls bis zum 5. Mai 2010 in einen größeren Haftraum verlegt worden wäre und sein Rechtsmittel damit Erfolg gehabt hätten, weil es den die Menschenwürde verletzenden Vollzug der Haft zu diesem Zeitpunkt beendet hätte.
aa)
Ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB (siehe dazu oben 1 c) aa)) hat der Kläger auch in der Justizvollzugsanstalt T… nicht eingelegt (vgl. oben 1 c) aa) (1)).
bb)
Der Kläger hat es schuldhaft unterlassen, Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB einzulegen. Die Nichtergreifung eines zur Verfügung stehenden Rechtsmittels ist regelmäßig als schuldhaft anzusehen.
Der Kläger hätte einen Verlegungsantrag nach § 108 Abs. 1 StVollzG dabei sofort nach Einweisung in die ca. 5,3 Quadratmeter große Einzelzelle stellen müssen, dies schon deshalb, weil für den Kläger nicht transparent war, wie lange seine Unterbringung unter den belastenden Haftbedingungen andauern würde.
Daran änderte sich nichts, als dem Kläger am 12. April 2010 im Rahmen des Zugangsgespräches mitgeteilt worden war, dass die Unterbringungszeit in dem beengten Haftraum drei Monate keinesfalls überschreiten würde. Zwar stellt nach den obigen Ausführungen die Unterbringung von Gefangenen in Einzelhafträumen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… unter den hier erörterten Bedingungen regelmäßig erst dann einen amtspflichtwidrigen menschenunwürdigen Vollzug der Haft dar, wenn sie länger als einen Monat andauert, so dass der Kläger seinerzeit nach dem 12. April 2010 zunächst nicht erfolgreich hätte geltend machen können, sofort verlegt zu werden. Dennoch war ihm auch zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass er nicht nur vorübergehend unter den von ihm geschilderten beengten Bedingungen untergebracht sein würde. Da der Kläger darüber informiert worden war, dass eine Unterbringung in dem ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelhaftraum bis zu drei Monate andauern würde, hätte er sich – auch im Hinblick auf die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB – sofort gegen die angekündigte Verletzung seiner Menschenwürde zu Wehr setzen müssen, um deren Eintritt (beginnend mit dem Ablauf des ersten Monats der Unterbringung in einer ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzelle) zu verhindern.
An dem in § 839 Abs. 3 BGB vorausgesetzten Verschulden kann es – wie oben bereits dargestellt – zwar fehlen, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs so gering oder zweifelhaft erscheint, dass dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 – III ZR 224/01 – juris Tz. 59), wobei auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 – III ZR 182/08 – juris Tz. 2). Im vorliegenden Fall ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger die Einlegung von Rechtsmitteln unzumutbar gewesen wäre, weil auf diesem Wege eine wirksame Abwehr der Beeinträchtigung seiner Rechte möglich war.
Nach dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009, der die Menschenunwürdigkeit der Unterbringung in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… unter den erörterten Bedingungen festgestellt hat, war es dem Kläger möglich und zumutbar, einen Verlegungsantrag nach § 108 Abs. 1 StVollzG an die Anstaltsleitung zu stellen und sich im Falle einer ablehnende Entscheidung anschließend an das Gericht zu wenden. Insbesondere war ein solches Vorgehen auch nicht von vornherein aussichtslos, mag dies vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung des für Strafvollstreckungssachen zuständigen Strafsenats des Kammergerichts zur Beurteilung der Haftbedingungen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… noch anders gewesen sein.
Falls dem Kläger das Rechtsmittel des Verlegungsantrages bei der Anstaltsleitung unbekannt gewesen sein sollte, ist ihm gleichwohl Fahrlässigkeit anzulasten, da insoweit eine Erkundigungspflicht durch Nachfrage bei fachkundigen Mitarbeitern in der Anstalt (Sozialarbeiter, Betreuungspersonal) besteht und notfalls auch die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 22 f.; s.a. OLG Hamm, Urteil vom 29. September 2010 – 11 U 367/09 u. a. – juris Tz. 43). Hierbei wäre er auch auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 hingewiesen worden. Jedenfalls seit dem 5. November 2009 war allgemein bekannt, dass der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin die Haftbedingungen in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… in Bezug auf die ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelhafträume als menschenunwürdig eingestuft hat.
cc)
Ein Rechtsmittel des Klägers hätte auch Erfolg gehabt. Die nach § 839 Abs. 3 BGB erforderliche hypothetische Kausalität des versäumten Rechtsmittels gemäß §§ 108 Abs. 1, 109, 114 StVollzG für die Verhinderung des Schadenseintritts ist hier in vollem Umfang zu bejahen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Schadensersatzpflicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB zwar nur dann vollumfänglich verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsbehelfs den Eintritt des Schadens gänzlich verhindert hätte. Wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs erst von einem bestimmten Zeitpunkt an weitere Schäden verhindert hätte, entfällt der Schadensersatzanspruch hingegen nur für diese späteren Schäden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1986 – III ZR 77/84 – juris Tz. 18).
Zwar konnte der Beklagte, der für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 124/09 – juris Tz. 9), nicht beweisen, dass bereits ein außergerichtlicher Verlegungsantrag des Klägers nach § 108 Abs. 1 StVollzG mit der nötigen Gewissheit Erfolg gehabt hätte. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des seinerzeitigen stellvertretenden Teilanstaltsleiters der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… F… S…, der damaligen Teilanstaltsleiterin der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… M… L… und der Vollzugsleiterin der Justizvollzugsanstalt I… L…-S… jedoch davon überzeugt, dass der Kläger, hätte er sofort nach seiner Verlegung in die Teilanstalt der Justizvollzugsanstalt T… ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB eingelegt, spätestens bis zum 5. Mai 2010 im Zuge eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 109, 114 StVollzG in einen größeren Haftraum verlegt worden wäre, so dass für die Zeit danach die menschenunwürdigen Haftbedingungen beendet worden wären.
Diese Überzeugung hat der Senat gemäß § 286 ZPO durch die Vernehmung der Zeugen im Wege des Zeugenbeweises gewonnen. Soweit den Zeugen ihre Aussagen aus früheren Vernehmungen, die sie vor dem Senat getätigt haben, in Form der jeweiligen Sitzungsniederschrift zur Verfügung gestellt wurden, handelte es sich nicht etwa um einen Urkundsbeweis, sondern um eine Verwertung im Wege des Zeugenbeweises im Sinne der §§ 373 ff. ZPO mit dem insoweit höheren Beweiswert (BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 – VI ZR 233/94 – juris Tz. 11). Das Prozedere, mit welchem die Zeugen zunächst Gelegenheit erhielten, sich zu einer früheren Aussage zu verhalten, und sodann ergänzend befragt wurden, ließ den Senat keine Einschränkungen der Glaubwürdigkeit erkennen, da die Zeugen sämtlichst eine lebendige und authentische Erinnerung an die Ereignisse zu Tage treten ließen, wie sich insbesondere im Rahmen der ergänzenden und detailorientierten, die Glaubwürdigkeit prüfenden Befragung des Klägervertreters zeigte.
(1)
Sowohl die Vollzugsleiterin L…-S… als auch der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… haben angegeben, dass es unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 eine außerordentliche Sitzung mit der Anstaltsleitung der Justizvollzugsanstalt T… über die aus der Entscheidung zu ziehenden Konsequenzen gegeben habe. In dieser außerordentlichen Sitzung habe man sich darauf geeinigt, dass für die ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzellen ab sofort eine maximale Belegungszeit von 90 Tagen bzw. drei Monate gelten solle. Es seien auch andere Maßnahmen besprochen worden wie die Verkürzung der täglichen Einschlusszeiten. Alle Gefangene, die mehr als 90 Tage in ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzellen untergebracht gewesen seien, hätten je nach Kapazität in größere Zellen verlegt werden sollen. Dabei seien in der Folgezeit zuerst die Gefangenen verlegt worden, die am längsten in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… inhaftiert gewesen seien. Jedoch wäre ein Gefangener, der sich beschwert hätte, vorgezogen und sofort verlegt worden. Der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… hat insoweit einschränkend ausgesagt, dass dies jedenfalls für Gefangene gegolten hätte, die zum Zeitpunkt des Verlegungsantrages mindestens 90 Tage inhaftiert gewesen seien.
Die Teilanstaltsleiterin L…, deren letzter Arbeitstag in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… der 6. Mai 2011 war, konnte sich ebenfalls noch daran erinnern, dass nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 3. November 2009 eine maximale Belegungszeit festgelegt worden war, deren genaue Dauer ihr allerdings nicht mehr erinnerlich gewesen ist. Sie hat sie mit zwei bis drei Monate angegeben. Auch sie hat angegeben, dass derjenige als Erster verlegt werden sollte, der am längsten in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… inhaftiert war, wobei aber neben dem Vorgehen nach der derart erstellten Verlegungsliste auch Verlegungsanträge von Gefangenen berücksichtigt worden wären.
Die Teilanstaltsleiterin L…, die Vollzugsleiterin L…-S… und der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… haben weiter angegeben, dass Verlegungsanträge wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen in den ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzellen der Teilanstalt I tatsächlich nur vereinzelt gestellt worden seien. Alle drei haben insoweit den Verlegungsantrag des Gefangenen Dr. H… genannt. Nach den Angaben des stellvertretenden Teilanstaltsleiters S… habe dieser seinen Antrag im März 2011 verbunden mit der Ankündigung gestellt, gegebenenfalls gerichtlich vorzugehen. Sowohl die Vollzugsleiterin L…-S… als auch der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… haben gewusst, dass dem Verlegungsantrag stattgegeben worden sei. Die Teilanstaltsleiterin L… konnte sich darüber hinaus an keinen weiteren Verlegungsantrag wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen erinnern. Sie hat betont, dass viele Gefangene im Gegenteil darum gebeten hätten, in der Teilanstalt I bleiben zu dürfen, weil die anderen Bedingungen – wie die Lautstärke – in der Teilanstalt I im Vergleich zu den anderen Teilanstalten der Justizvollzugsanstalt T… günstiger gewesen seien. Die Vollzugsleiterin L…-S… hat ausgesagt, dass neben dem Verlegungsantrag des Gefangenen Dr. H… l wohl noch ein oder zwei andere Verlegungsanträge wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen gestellt worden seien, ohne dass sie Einzelheiten dazu benennen konnte. Der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… hat angegeben, dass es in jedem Fall noch einen zweiten Verlegungsantrag wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen gegeben habe, wenngleich auch er Näheres dazu nicht sagen konnte. Auch auf diesen Antrag sei es zu einer Verlegung des Gefangenen gekommen.
Übereinstimmung gab es des weiteren bei der Frage der Zuständigkeit. So haben die Teilanstaltsleiterin L…, die Vollzugsleiterin L…-S… sowie der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… angegeben, dass die Teilanstaltsleitung der Teilanstalt I für die Bearbeitung der Verlegungsanträge der Gefangene zuständig gewesen sei, während Stellungnahmen auf Anträge auf gerichtliche Entscheidung durch die Vollzugsleitung, also die Vollzugsleiterin L…-S… und deren Mitarbeiter, gefertigt worden seien.
Die Dauer der hypothetischen Bearbeitungszeit von der Stellung eines Verlegungsantrages an bis zu einer Verlegung des Gefangenen haben die Teilanstaltsleiterin L… und der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… mit rund einer Woche angegeben. Der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… hat dies dahin konkretisiert, dass der Gruppenleiter für die Vorbereitung des Antrages in der Regel ein bis zwei Tage benötige. Die Teilanstaltsleiterin der Justizvollzugsanstalt T… hätte für die Bearbeitung auch ein bis zwei Tage gebraucht. Für den Weg zurück zum Gefangenen seien weitere ein bis zwei Tage hinzuzurechnen. Da in der Teilanstalt II fast täglich Hafträume frei geworden seien und in der Teilanstalt III wöchentlich, hätte eine Verlegung am nächsten oder übernächsten Tag umgesetzt werden können. Auch die Teilanstaltsleiterin L… hat berichtet, dass zu ihrer Zeit in der Teilanstalt II täglich und in der Teilanstalt III wöchentlich Hafträume frei geworden seien.
Unterschiede in den Angaben der Teilanstaltsleiterin, der Vollzugsleiterin und des stellvertretenden Teilanstaltsleiters S… hat es lediglich in Bezug auf die Frage gegeben, unter welchen Bedingungen ein Gefangener, der zum Zeitpunkt eines Verlegungsantrages noch keine 90 Tage in einer ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzelle inhaftiert gewesen sei, sofort verlegt worden wäre.
Der stellvertretende Teilanstaltsleiter S… hat diesbezüglich erklärt, dass unabhängig davon, ob ein Gefangener bereits vor dem 5. November 2009 in der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt in ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzellen inhaftiert gewesen sei oder dort erst ab dem 5. November 2009 untergebracht worden sei, ein Verlegungsantrag, der vor Ablauf der maximalen Belegungszeit gestellt worden wäre, nicht zu einer sofortigen Verlegung geführt hätte. Zwar wäre auch ein solcher Verlegungsantrag bearbeitet worden, jedoch nur in dem Sinne, dass der Gefangene darauf hingewiesen worden wäre, dass er erst nach Ablauf der maximalen Belegungszeit verlegt werden solle. Nach Ablauf der maximalen Belegungszeit wäre der Gefangene dann ohne erneuten Verlegungsantrag in einen größeren Haftraum verlegt worden. Diese beabsichtigte Verfahrensweise sei im Mitarbeiterkreis abgestimmt gewesen. Eine schriftliche Fixierung sei indes nicht erfolgt. Eine sofortige Verlegung von Gefangenen, die einen Verlegungsantrag vor Ablauf der maximalen Belegungszeit gestellt hätten, hätte nach seiner Auffassung nur dann stattgefunden, wenn der Gefangene deutlich gemacht hätte, in den eigenen Rechten verletzt zu sein, indem er sich gezielt auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin berufen hätte, eine Beeinträchtigung seiner Rechte geltend gemacht hätte, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angekündigt hätte, wie es der Gefangene Dr. H… gemacht habe, oder einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits gestellt hätte. Ein Verlegungsantrag nur unter Berufung darauf, die Zelle sei zu klein, hätte in diesem Falle nicht gereicht. Dass es für eine sofortige Verlegung vor Ablauf der maximalen Belegungszeit notwendig gewesen wäre, deutlich zu machen, in den eigenen Rechten verletzt zu sein, habe er einem Telefongespräch mit der Vollzugsleiterin L…-S… entnommen. Dieses Gespräch habe er angesichts des im März 2011 eingegangenen Verlegungsantrages des Gefangenen Dr. H… geführt. In dem Gespräch habe sich für ihn ergeben, dass einer Beschwerde eines Gefangenen dann abgeholfen werden sollte, wenn dieser sich in seinen Rechten verletzt fühlen würde.
Die Teilanstaltsleiterin L… hat hingegen ausgeführt, dass sie auch auf einen (einfachen) Verlegungsantrag, der vor Ablauf der maximalen Belegungszeit gestellt worden wäre, eingegangen wäre. Es wäre natürlich immer eine Prüfung des Einzelfalles gewesen. Möglicherweise hätte Abhilfe dadurch geschaffen werden können, indem dem Gefangenen eine Arbeit hätte beschafft werden können. Wenn er dann immer noch nicht zufrieden gewesen wäre, wäre er vielleicht verlegt worden. Es wäre auf jeden Fall versucht worden, Abhilfe zu schaffen. Wenn er einverstanden gewesen wäre, hätte der Gefangene in die Teilanstalt II verlegt werden können. Wenn ein Gefangener mit der Faust auf den Tisch gehauen hätte und verlangt hätte, er wolle raus, dann wäre er letztlich in der Teilanstalt II oder III untergebracht worden.
Die Vollzugsleiterin L…-S… wiederum ist sich sicher gewesen, dass sie einen Gefangenen auf einen Verlegungsantrag wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen, der an sie herangetragen worden wäre, sofort verlegt hätte, unabhängig davon, ob der Gefangene bereits 90 Tage in ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelzellen inhaftiert gewesen wäre oder noch nicht. Weitere Bedingungen wären mit einer solchen sofortigen Verlegung nicht verbunden gewesen. Ziel sei es damals nämlich gewesen, die Gefangenen klaglos zu stellen, weil alles ruhig habe bleiben sollen, um den notwendigen Abbau der Belegung von Gefangenen in der Teilanstalt I bewerkstelligen zu können. Dieser Abbau sei mit einer enormen logistischen Leistung der Mitarbeiter in der Vollzugsanstalt verbunden gewesen. Mit einer sofortigen Verlegung der Gefangenen, die Verlegungsanträge gestellt hätten, hätte verhindert werden sollen, dass ein Gefangener Unruhe verbreite. Hätten alle Gefangenen oder viele von diesen ungefähr zeitgleich Verlegungsanträge gestellt, hätte diesen aus Platzgründen nicht stattgegeben werden können. Einzelnen Verlegungsanträgen hätte aber immer abgeholfen werden können. Nach ihrer Erinnerung habe es keine Festlegung dahin gegeben, dass Verlegungsanträge ausschließlich dann Erfolg haben sollten, wenn besondere Gründe – wie die Beeinträchtigung der eigenen Rechte – geltend gemacht würden. Jedoch wäre es nicht zwingend gewesen, dass die für die Verlegungsanträge zuständige Teilanstaltsleitung der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… sie (die Vollzugsleiterin) in die zu treffende Entscheidung über einen Verlegungsantrag wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen eingebunden hätte.
Die Vollzugsleiterin L…-S… hat zudem ausgesagt, dass entsprechend dem Ziel, die Gefangenen klaglos zu stellen, einem Verlegungsantrag auch im Rahmen eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung sofort stattgegeben worden wäre. Im Falle eines Antrages eines Gefangenen an die Strafvollstreckungskammer wäre eine sofortige Verlegung sodann spätestens innerhalb einer Woche (eher früher) ab Zustellung des Antrages an die Justizvollzugsanstalt T… durch sie oder ihre Mitarbeiter angeordnet und auch umgesetzt worden.
Der Senat hat keine Veranlassung, Zweifel zu hegen, ob sich die drei Vernommenen an die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage gehalten haben. Die Angaben der Vernommenen wirken in keiner Weise abgesprochen. Soweit ein Vergleich der Angaben Unterschiede in der Handhabung von Verlegungsanträgen, die vor Ablauf der maximalen Belegungszeit gestellt wurden bzw. worden wären, erbracht hat, ist dies offenkundig darauf zurückzuführen, dass nur wenige Verlegungsanträge gestellt wurden, so dass sich eine bestimmte Vorgehensweise nicht herausbilden konnte. Auch fehlte es offenbar an schriftlich fixierten Vorgaben für den Umgang mit Verlegungsanträgen.
(2)
Gerade unter dem besonderen Beweiswert des unmittelbaren Zeugenbeweises (BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 – VI ZR 233/94 – juris Tz. 11; Urteil vom 30. November 1999 – VI ZR 207/98 – juris Tz. 19) steht aufgrund der Angaben der drei Vernommenen für den Senat mit der nötigen Gewissheit fest, dass der Kläger jedenfalls im Falle eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109, 114 StVollzG sofort in einen größeren Haftraum verlegt worden wäre, um ihn klaglos zu stellen. Denn die persönlich vernommenen Zeugen haben ihre früheren Aussagen in aktuell lebendiger Erinnerung vollumfänglich bestätigt. Dies geht insbesondere aus den Angaben der Vollzugsleiterin L…-S…, entsprechend aber auch aus den Angaben des stellvertretenden Teilanstaltsleiters S… hervor. Dabei wären im Hinblick auf die Bearbeitungszeit eines vorherigen (erfolglosen) Verlegungsantrages an die Teilanstaltsleitung gemäß § 108 Abs. 1 StVollzG von rund einer Woche, der – wegen der Eilbedürftigkeit angesichts des Vorwurfes menschenunwürdiger Haftbedingungen – zugrunde zu legenden Dauer bis zur Stellung eines Antrages bei Gericht von ca. ebenfalls einer Woche, der Zustellung des Antrages durch das Gericht und der Zeit bis zur Anordnung und Umsetzung der Verlegung des Klägers nicht mehr als vier Wochen verstrichen, so dass eine Verlegung des Klägers bis spätestens zum 5. Mai 2010 hätte realisiert werden können.
Soweit Anträge nach §§ 109, 114 StVollzG von in ca. 5,3 Quadratmeter großen Einzelhafträumen inhaftierten Gefangenen tatsächlich nicht gestellt wurden, berührt dies das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. Der Senat ist gleichwohl aufgrund der Angaben der für solche Anträge zuständigen Vollzugsleiterin L…-S… davon überzeugt, dass ein solcher Antrag des Klägers ohne die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung zu einer Verlegung in einen größeren Haftraum geführt hätte, weil die Vollzugsleiterin L…-S… nachvollziehbar machen konnte, dass sie sich dadurch die nötige Ruhe für die Bewältigung der in der Teilanstalt I anstehenden schwierigen Aufgaben sichern wollte. Deshalb steht es zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht in Widerspruch, dass die zuständigen Beamten des Beklagten (auch im Hinblick auf die Entscheidung des 2. Strafsenat des Kammergerichts vom 9. Dezember 2009 – 2/5 Ws 189/05 Vollz) davon ausgegangen sind, durch die nach Bekanntwerden der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofes ergriffenen Maßnahmen (Höchstaufenthaltsdauer von 90 Tagen, Information der Gefangenen über Aufenthaltsdauer, Veränderung der Einschlusszeiten) für eine Übergangszeit bis zum Schließen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… einen menschenwürdigen Haftvollzug in den nur 5,3 Quadratmeter großen Einzelhafträumen sicherzustellen.
Da in der Teilanstalt II der Justizvollzugsanstalt T… täglich größere Hafträume frei wurden und in der Teilanstalt III wöchentlich, hätte der Umsetzung der Anordnung einer Verlegung des Klägers durch die Vollzugsleiterin L…-S… oder ihrer Mitarbeiter nichts im Wege gestanden. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Beklagte auch in anderen Fällen in der Lage war, kurzfristig größere Hafträume zur Verfügung zu stellen. So führt der Beklagte an, dass beispielsweise der Kläger in der Parallelsache 86 O 13/12 im 8,4 Quadratmeter großen Haftraum A3-057 untergebracht wurde, der Kläger in der Parallelsache 86 O 213/11 im 11,9 Quadratmeter großen Haftraum B3-198 sowie die Kläger in den Parallelsachen 86 O 89/11 und 86 O 115/11 jeweils allein im 14 Quadratmeter großen Gemeinschaftshaftraum D4-378 untergebracht wurden. Nach dem weiteren Vortrag des Beklagten konnten die Kläger in den Parallelsachen 86 O 234/11 sowie 86 O 382/11, aber auch ein Gefangener aus dem Haftraum A3-077 in eine andere Teilanstalt verlegt werden.
Rechtlich unbeachtlich ist, dass nicht allen menschenunwürdig untergebrachten Gefangenen der Teilanstalt I der Justizvollzugsanstalt T… größere Hafträume hätten zugewiesen werden können, wenn alle Verlegungsanträge gestellt hätten (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 24; vom 11. März 2010 – III ZR 124/09 – juris Tz. 14). Maßgeblich ist, dass sich tatsächlich eine solche Situation nie gestellt hat.
c)
Aber auch in Ansehung des Zeitraums vom 6. bis 12. April 2010, in welchem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 839 BGB vorliegen, scheidet ein Entschädigungsanspruch des Klägers aus. Insoweit ist zwar nach dem oben Gesagten festzustellen, dass der Beklagte den Kläger in seinem Recht auf menschenwürdige Unterbringung aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 6 Satz 1 VvB verletzt hat, denn die Bedingungen, unter denen der Beklagte die Strafhaft bei dem Kläger in diesem Zeitraum vollzogen hat, waren dem Kläger nach den oben dargestellten Grundsätzen vor Herstellung der Transparenz in dem Zugangsgespräch nicht zumutbar.
Allerdings fordert nicht jede festgestellte und schuldhaft begangene Verletzung der Menschenwürde eine Wiedergutmachung durch eine Geldentschädigung. Eine Geldentschädigung wegen der Verletzung immaterieller Persönlichkeitsbestandteile kann nur unter der Voraussetzung einer hinreichenden Schwere und des Fehlens einer anderweitigen Genugtuungsmöglichkeit beansprucht werden (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 11. November 2009 – 1 BvR 2853/08 -, juris Tz. 21). Die Art der Wiedergutmachung ist abhängig von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, von Anlass und Beweggrund des Handelnden und von dem Grad des Verschuldens (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2004 – III ZR 361/03 – juris Tz. 14).
Vorliegend ist in die Würdigung vor allem einzubeziehen, dass die Dauer der menschenunwürdigen Unterbringung nur wenige Tage andauerte. Weitere Schäden (körperlicher oder seelischer Art) hat der Kläger infolge der menschenunwürdigen Haftbedingungen nicht erlitten. Der Kläger durfte den Haftraum täglich für mehrere Stunden verlassen. Weiterhin befand er sich in einer Einzelzelle, wo seine Intimsphäre – anders als in einem mit mehreren Gefangenen belegten Gemeinschaftshaftraum – nicht verletzt werden konnte. Der Kläger konnte das Verhalten der Amtsträger des Beklagten auch nicht als gezielten Angriff auf seine Menschenwürde und seine Rechte verstehen, weil die Umstände auch seine Mitgefangenen betrafen und letztlich Folge baulicher und räumlicher Zustände einer unmodernen und überbelegten Anstalt waren (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juli 2005 – 12 U 300/04 – juris Tz. 24).
Damit war der Eingriff in die Menschenwürde des Klägers nicht so intensiv wie etwa in dem Fall, der Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 4. November 2004 – III ZR 361/03 – war. Der dortige Kläger war im Jahr 2002 zwei Tage lang mit vier weiteren Gefangenen in einem 16 Quadratmeter großen Haftraum mit lediglich durch einen Sichtschutz abgetrennter Toilette untergebracht, in dem die Häftlinge 23 Stunden am Tag eingeschlossen blieben (juris Tz. 1 und 16). Dennoch hat der Bundesgerichtshof unter Berücksichtigung aller Umstände des besonderen Einzelfalles nicht beanstandet, dass dem dortigen Kläger, der bereits durch die von der Strafvollstreckungskammer getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung Schutz und Genugtuung erfahren hatte, keine zusätzliche Wiedergutmachung durch eine Geldentschädigung zugebilligt worden war (vgl. BGH, a.a.O., juris Tz. 16, 17).
Nach allem hält der Senat sowohl unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichsfunktion als auch der Genugtuungsfunktion als Wiedergutmachung für den erlittenen Eingriff von weniger als einer Woche, während dessen der Kläger noch nicht in die zu vermeidende Hoffnungslosigkeit hätte verfallen können, die bloße Feststellung für ausreichend, dass der Kläger menschenunwürdig inhaftiert war.
3.
Soweit nach dem bisher Gesagten die Berufung des Klägers nicht begründet und diejenige des Beklagten begründet ist, scheidet auch Entschädigungsanspruch des Klägers nach Art. 5 Abs. 5 EMRK scheidet bereits deshalb aus, weil sich Art. 5 EMRK grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht aber auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft bezieht (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – III ZR 342/12 – juris Tz. 29). Aus Art. 3 EMRK unmittelbar lässt sich ein Entschädigungsanspruch ohnehin nicht herleiten (vgl. BGH, a.a.O., juris Tz. 30), auch nicht in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Absatz 1 Satz 1, 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung des Senates weicht nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab und entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.