Landgericht Berlin

Im Namen des Volkes

Urteil

Geschäftsnummer: 86 0 596/09 – verkündet am: 24.05.2012

In dem Rechtsstreit

des Herrn T. G. ….

– Klägers-

– Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Borgmann, Langner, Sydow,

Mehringdamm 32, 10961 Berlin,

gegen

Land Berlin,

vertreten d.d. Senatsverwaltung für Justiz,

– Beklagte-,

– Prozessbevollmächtigte:

hat die Zivilkammer 86 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 26.04.2012 durch die Richterin am Landgericht … als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.125,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, der Inhaber eines Gewerbebetriebes für den An- Verkauf von Kraftfahrzeugen war, macht Anspruch auf Entschädigung wegen der Folgen der Sicherstellung seines Fahrzeugs geltend.

Der Kläger kaufte unter seiner Firma am 15.12.2005 einen VW Passat für 1.601,- € von . Das Fahrzeug war diesem Voreigentümer gestohlen worden. Nachdem es beschädigt und ausgeschlachtet aufgefunden worden war, ergab ein Gutachten im Auftrag der Kaskoversicherung, dass Reparaturkosten in Höhe von 11. 461,81 € netto erforderlich seien und das Fahrzeug angesichts des Wiederbeschaffungswertes von 8.550,- € und eines Restwertes von 1.601,00 € einen wirtschaftlicher Totalschaden erlitten habe. Wegen der Einzelheiten der Beschädigungen wird auf das Gutachten des TÜV Nord Mobilität GmbH & Co. KG vom 6.12.2005, Anlage B2, Blatt 48 ff der Akten Band I verwiesen.

Am 31.12.2005 kaufte der Kläger das Fahrzeug von seiner Firma für 2200 €. Er baute das Fahrzeug wieder auf, wozu er Ersatzteile aus zweiter Hand ‚erwarb. Am 25.4. 2006 brachte er das Fahrzeug zur Firma VW -· da dort ein neues Schließsystem angelernt und die Wegfahrsperre deaktiviert werden sollte. Die vordere Stoßstange und die vorderen Scheinwerfer waren noch nicht eingebaut.

Am 3.5. 2006 meldete die Volkswagen AG, dass am Vortag über das Autohaus- versucht worden sei, auf gespeicherte Daten für ein Wegfahrsperrensteuerungsgerät zuzugreifen, das ursprünglich in einen VW Passat mit dem Kennzeichen – eingebaut worden war, der zwischen dem 12. und 13.7.2005 in Berlin- entwendet worden war. Weitere Ermittlungen im Autohaus – ergaben, dass das mit dem Fahrzeug entwendete Wegfahrsperrensteuerungsgerät in den vom Kläger dorthin verbrachten VW Passat eingebaut worden war. Wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung durch den Kläger wurde das von ihm zum Autohaus P… angelieferte Fahrzeug am 3.5.2006 sichergestellt. Im polizeilichen Bericht über die Sicherstellung heißt es:

„Am Kraftfahrzeug befanden sich einzelne Beschädigungen (u.a. horizontal verlaufende Eindellungen und Lackschartenspuren an der hinteren Tür der Beifahrerseite, fehlende Frontverkleidung, teilweise fehlende Beleuchtungseinrichtung) …. „.

In dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin ergab sich, dass die in das Fahrzeug des Klägers eingebaute Beifahrertür aus einem weiteren gestohlenen, zur Fahndung ausgeschriebenen VW Passat stammte.

Im Bericht des Polizeipräsidenten vom 8.5.2006 heißt es weiter:

„Auf dem Beifahrersitz des Pkw lag ein beschädigtes Kombiinstrument, von dem das Gehäuse komplett entfernt war. Der Einbauschacht für das Autoradio war leer. Es befand sich kein Autoradio oder sonstige Autotechnik im Kfz…. . „

Ausweislich des Polizeiberichtes wurde eine weitere Direktion mit dem Ausbau des Kombiinstrumentes und des Motorsteuergerätes sowie der Überprüfung der Airbagkomponenten beauftragt.

Am 21. 3 und 17.4.2007 erließ das Amtsgericht Tiergarten zum Aktenzeichen … und … Beschlüsse, aufgrund derer die Wohnung und die Werkstatt des Klägers durchsucht wurden. Bei der Durchsuchung der Werkstatt wurde ein Hauptkabelstrang aufgefunden, der aus einem zur Fahndung ausgeschriebenen weiteren Passat stammte.

Der Kläger erklärte im Ermittlungsverfahren, die aus den Fahrzeugdiebstählen stammenden Teile über eBay oder aufgrund Anzeigen in der Zeitschrift „Zweite Hand“ erworben zu haben. So habe er die Autotüren und das Elektronikteil von einem Verkäufer, den er in Großbeeren getroffen habe, gekauft.

Am 15.9.2008 stellte die Staatsanwaltschaft das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein.

Unter dem 7.10.2008 erstellte der Sachverständige ein Gutachten über den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs des Klägers und gab diesen mit 8.100 € brutto an.

Mit Schriftsatz vom 13.10.2008 beantragte die für den Kläger tätige Rechtsanwältin, dass dieser für die Beschlagnahme des VW Passat zu entschädigen sei. Der sichergestellte Passat wurde am 29.12.2008 freigegeben und dem Kläger am 12.1.2009 übergegeben. In dem dazu ausgefüllten Protokoll über die Übervergabeverhandlung vom 12.1.2009 enthält die Rubrik zu den Beanstandungen durch den Übernehmenden hinsichtlich der Beschaffenheit des Fahrzeugs keine Angaben.

Das Amtsgericht Tiergarten stellte im rechtskräftigen Beschluss vom 15.1.2009 fest, dass der Kläger für die Sicherstellung des VW Passat am 15.5.2006 bis zur unverzüglichen Abholung nach der Freigabe am 29.12.2008 sowie für die Durchsuchung am 16.12.2007 zu entschädigen sei. Eine Belehrung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 StrEG wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 12.2.2009 zugestellt.

Der vom Kläger beauftragte Sachverständige listete in einem weiteren Gutachten vom 22.1.2009 nach Besichtigung des Fahrzeugs Reparaturkosten in Höhe von 4.261,68 € netto auf. In einem Nachtrag zum Gutachten vom 2.2.2009 gab er den Wiederbeschaffungswert mit 5.600 € und den Restwert mit 2000,- € an. Nach seiner Ansicht betrug die Nutzungsentschädigung 43 € täglich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Gutachtens in der Anlage zur Klageschrift, Blatt 11-24 Bd. I, verwiesen. Der Sachverständige stellte dem Kläger für das Gutachten am 22. 1. 2009 611,66 € in Rechnung, die der Kläger auch zahlte.

Mit Schriftsatz vom 8.4.2009 begehrte der durch seine vorgerichtliche Bevollmächtigte vertretene Kläger als Entschädigungsleistungen eine Nutzungsausfallentschädigung für 974 Tage in Höhe von 10.470,50 €, eine Wertminderung in Höhe von 2500 €, einen Verdienstausfall in Höhe von 63,14 € sowie Sachverständigenkosten in Höhe von 611,66 € . Die Wertminderung berechnete er aus der Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs am 1.5.2006 in Höhe von 8100 € und dem angegebenen Wiederbeschaffungswert am 2.2.2009 mit von 5600 €. Die Senatsverwaltung für Justiz wies unter dem 29.7.2009 die geltend gemachten Ansprüche zurück. Die Entscheidung wurde mit der Bevollmächtigten des Klägers am 10.8.2009 zugestellt.

Die am Strafverfahren beteiligten Versicherungen verzichteten auf eine Rückgabe der gestohlenen Fahrzeugteile, die der Kläger in den sichergestellten VW Passat eingebaut hatte.

Der Kläger behauptet, er habe für die Reparatur des Fahrzeugs Ersatzteile im Wert von 2606,68 € gekauft und eingebaut. Wegen der Auflistung der Ersatzteile wird auf die vom Kläger in der Anlage zur Klageschrift eingereichte Liste vom 3.11.2009, Blatt 10 der Akten Bd. I, verwiesen. Auch nach den Feststellungen der Polizei sei das Fahrzeug im wesentlichen wieder aufgebaut gewesen.

Das TÜV Gutachten gehe von einem Kaufpreis für fabrikneue Originalersatzteile aus, er habe hingegen gute gebrauchte Ersatzteile verwandt. Lediglich der vordere Stoßfänger sei noch nicht montiert gewesen, um den Mitarbeitern der Firma Pusch die geplanten Einbauarbeiten zu ermöglichen.

Er habe mit seiner Unterschrift bei der Rückgabe des sichergestellten Fahrzeuges nur bestätigt, dieses übernommen zu haben und nicht, dass keine Beschädigungen am Fahrzeug vorhanden gewesen seien, zumal er das Kraftfahrzeug und die Schlüssel erst erhalten habe, nachdem er bereits unterschrieben habe. Er habe dann einen Sachverständigen beauftragt, da der Beklagte sämtliche Schäden bestritten habe. Die Schäden am Fahrzeug, die geltend gemacht wurden, würden auch wegen der unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs und die unsachgemäße Aufbewahrung durch Dritte geltend gemacht.

Das Fahrzeug sei bei Rückgabe innen völlig verdreckt gewesen und die ausgebauten Teile in seinem Fahrzeug verstreut gewesen. Im Reserveradkasten im Kofferraum habe mindestens 5 cm hoch Wasser gestanden, auch vorne auf der Fahrer- und Beifahrerseite habe sich Wasser gesammelt. Die Fußmatten sein völlig durchnässt und unter der Fußmatte auf der Fahrerseite sei eine Vertiefung gewesen, in der das Komfortsteuergerät vollständig mit Wasser bedeckt gelegen habe und dadurch defekt geworden sei. Die Wasserschäden im Kofferraum des Fahrzeugs seien dadurch verursacht worden, dass die ausgebauten hinteren Rückleuchten nicht abgedeckt worden sei. Dadurch sei Wasser in das Fahrzeuginnere gelaufen und habe Schäden verursacht. Wasserschäden im vorderen Bereich des Fahrzeugs seien vermutlich dadurch entstanden, dass die Wasserabläufe des Wasserkastens unter der Frontscheibe durch die lange Standzeit verstopft gewesen seien und das Wasser dadurch nicht habe ablaufen können, sondern ins Innere hinein gelaufen sei. Zu den Standschäden im engeren Sinne zähle, dass die Batterie zu erneuern gewesen sei, wofür der Sachverständige einen Betrag von 118,95 DM angesetzt habe, ferner die Erneuerung des Kältemittels für die Klimaanlage, was der Sachverständige mit 130 € beziffert habe, ferner die Erneuerung der Kühlerflüssigkeit, die Erneuerung des Motorenöl zu und des Filters sowie Erneuerung von TÜV und ASU, insgesamt 230 € gemäß dem eingereichten Gutachten. Zu diesen 478,95 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 91 € komme der Betrag für die Neuanschaffung des defekten Komfortsteuergeräts in Höhe von 300 € netto hinzu. Ferner sei durch die Standzeit auch eine Wertminderung am Fahrzeug eingetreten. Die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Beschlagnahme von 7600 € und dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs bei Rückgabe ohne sonstige Veränderungen in Höhe von 5600 € belaufen sich auf 2000 €. Dadurch würde sich ein Betrag von 2778,95 € als Standschaden im engeren Sinn ergeben.

Darüber hinaus seien durch die Mitarbeiter des Beklagten Schäden in Höhe von 3580 € netto verursacht worden. Es sei eine Vielzahl von Teilen ausgebaut und das Fahrzeug verdreckt worden, so dass ein Wiedereinbau der Teile sowie die komplette Reinigung notwendig geworden sei, insbesondere die Reinigung von Bodenbelägen, Dachverkleidung und Außenseite des Fahrzeugs sei erforderlich gewesen. Nach dem Gutachten seien dafür Kosten in Höhe von 3580 € entstanden.

Das Gutachten weise zwar Beträge in Höhe von 4261,68 € netto auf, wovon jedoch die Kosten für die Beseitigung der Schäden an der hinteren Beifahrertür in Höhe von 501 ,68 € und in Höhe von 58,80 € für das Anlernen der Wegfahrsperre und für das Anbringen der Frontverkleidung und Beleuchtung in Höhe von 80,- € in Abzug zu bringen sein, da diese nicht der Beklagte zu verantworten habe. Daraus ergebe sich ein Betrag von 3580 € als Folge von Beschädigungen durch Mitarbeiter des Beklagten. Die Standschäden im engeren Sinne in Höhe von 2778,95 € zuzüglich der Reparatur- und Reinigungskosten von.3580 € würde mithin einem Betrag von 6358,95 € ergeben.

Da jedoch die Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs bei Sicherstellung in Höhe von 7600 € und Rückgabe in Höhe von 2000 € lediglich 5600 € betragen, also unter dem Betrag für Standschäden Reparaturkosten und Wertminderung im engeren Sinne liege, könne er auch nur diesen Betrag verlangen. Auch wenn die hintere Beifahrertür Beschädigungen aufgewiesen und die Frontverkleidung und die vorderen Scheinwerfer noch nicht eingebaut gewesen seien, betrage der Wert des Fahrzeugs bei Sicherstellung Anfang Mai 2006 7600 €, auch wenn die Wegfahrsperre noch nicht aktiviert gewesen sei, da die entsprechenden Ersatzteile bereits im Auto gelegen hätten. Es könne auch nicht pauschal der erforderliche Betrag für die Beseitigung der Schäden an der Beifahrertür in Höhe von 501 ,68 € sowie die Kosten für das Anlernen der Wegfahrsperre in Höhe von 58,80 € und die Kosten für die Anbringung der Frontverkleidung und der vorderen Scheinwerfer in Höhe von ca. 80 € vom Wiederbeschaffungswert abgezogen werden, da der Wiederbeschaffungswert der Betrag sei, der am Markt für ein entsprechendes Fahrzeug zu zahlen sei. Daher habe der Wert des Fahrzeugs Anfang Mai 2006 7600 € betragen.

Der Kläger war zunächst der Ansicht, dass ihm eine Erstattung der Kosten für das in Auftrag gegebene Gutachten in Höhe von 611,66 € und die Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs zur Zeit der Sicherstellung in Höhe von 8100 € und zum Zeitpunkt der Rückgabe in Höhe von 2000 €, mithin 6100 € zustehen würden. Damit belief sich der mit der Klageschrift geltend gemachte Betrag auf 6711, 66 €. Von diesem ihm zustehenden Betrag hat der Kläger dann einen Abzug von 501,68 € für die erforderliche Lackierung der hinteren rechten Beifahrertür vorgenommen, da die Tür vor der Sicherstellung beschädigt gewesen sei, so dass er den Wiederbeschaffungswert am 1.1.2006 auf 7600 € herabsetzte. Im übrigen habe die Dauer der Beschlagnahme zu einer Wertminderung von 2000 € geführt, der Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert am 1.5.2006 in Höhe von 7.600 € und dem Wiederbeschaffungswert am 20.1.2009 in Höhe von 5.600 €. Ferner ist er die der Ansicht, da die Kosten des defekten Komfortsteuergerätes nicht im Gutachten – enthalten gewesen sei, der Defekt erst nach der Gutachtenerstellung aufgefordert aufgefallen sei, seien die Kosten für den Einbau eines neuen Komfortsteuergeräts in Höhe von 350 € zum geltend gemachten Schaden hinzuzurechnen. Nach Erneuerung auch dieses Steuerungsgerätes habe er das Fahrzeug in aufgebautem Zustand verkauft. Der Kläger änderte seine Schadensberechnung dahin, dass nicht der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs geltend gemacht werde, sondern die Wertminderung aufgrund der langen Standzeit und die durch die Mitarbeiter des Beklagten verursachten Schäden. Die Reparaturkosten seien insofern Teil der gemachten geltend gemachten Wertminderung.

Im Rahmen des zu ersetzenden Vermögensschaden seien die Kosten für die Bereithaltung des Kraftfahrzeug im Straßenverkehr für den Zeitraum der Beschlagnahme zu ersetzen, so auch die Kosten für TÜV und ASU. Vorsorglich werde hilfsweise eine Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 15.5.2006 bis 15.1.2009 in Höhe von 6,45 € für jeden der 951 Tage, mithin 6133,95 € geltend gemacht. Auch der Wertverlust während der Beschlagnahme sei zu erstatten.

Da das Fahrzeug nach dem Diebstahl zwischen dem 30. November und 2.12.2005 bereits am 2.12.2005 wieder aufgefunden, vom ADAC in einer Halle untergebracht und anschließend wieder aufgebaut worden sei, habe es bei der Beschlagnahme durch die Polizei keine Schäden oder Verunreinigungen an den Sitzen aufgezeigt.

Der Wertverlust durch die Beschlagnahme vom 15.5.2006 bis Anfang Januar 2009 habe 2000 € betragen.

Nachdem der Kläger zunächst beantragt hat, den Beklagten zur Zahlung von 6711,66 € zu verurteilen, hat er die Klage teilweise wegen der Kosten für die Beseitigung der Schäden an der hinteren Beifahrertür, die bereits vor Beschlagnahme vorlagen zurückgenommen, wobei er nach Eingang des Sachverständigengutachtens davon ausgeht, dass ein Betrag von 6125,26 € zu erstatten sei, ohne jedoch den Antrag zu ändern und beantragt weiter,

den Beklagten zu verurteilen an ihn 6211, 66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, zwar könne ein Fahrzeug mit den Ausstattungsmerkmalen wie das des Klägers einen Wiederbeschaffungswert von 8550 € im Dezember 2005 gehabt haben. Wenn jedoch der Kläger statt erforderlichen 8484,94 € für Ersatzteile nur 2606,38 € investiert habe, könne die Wiederherstellung nicht vollständig oder nur von minderer Qualität gewesen sei, so dass der Wiederbeschaffungswert nicht zutreffe.

Es sei nicht erforderlich gewesen, ein Gutachten einzuholen und dadurch Kosten entstehen zu lassen, da der Kläger als Inhaber eines werbe für den Verkauf von Kraftfahrzeugen die erforderliche Sachkenntnis gehabt habe.

Die Klage sei unzulässig, weil im Justizverwaltungsverfahren der Ersatz für die Wertminderung in Höhe von 2500 € geltend gemacht worden sei und zwar für den bloßen Zeitablauf.

Da der Kläger bei der Abholung des Fahrzeugs bestätigt habe, dass dieses unbeschädigt zurückgereicht worden sei, sei diese Erklärung als negatives Schuldanerkenntnis zu bewerten und würde Ansprüchen entgegenstehen. Der Kläger hätte bis zum Verlassen des Sicherstellungsgeländes die Möglichkeit gehabt, Beanstandungen protokollieren zu lassen. Beschädigungen an der beschlagnahmten oder sichergestellten Sache würden von § 7 StrEG nicht umfasst.

Eine Reinigung des Fahrzeugs sei ohnehin erforderlich geworden. Wegen der gestohlenen Wegfahrsperre und Türen sei kein gutgläubiger Erwerb durch den Kläger möglich gewesen, was den Fahrzeugwert verringern würde. Ebenso sei der Wert geringer anzusetzen, da Ersatzteile mit Schrottplatzqualität eingebaut worden seien. Der Betrag für die Lackierung der hinteren Tür sei durch den Kläger zu gering angesetzt worden und werde daher mit Nichtwissen bestritten.

Schäden an den Sitzen und eine erforderliche Reinigung sein bereits vor Erwerb des Klägers entstanden und erforderlich geworden. Die Kosten für TÜV und ASU hätte er ohnehin zu tragen gehabt.

Eine Nutzungsentschädigung stehe ihm nicht zu, weil es keine fühlbare Beeinträchtigung gegeben habe. Der Kläger habe abgesehen von dem zum Verkauf bestimmten Passat weitere Fahrzeuge zur Verfügung gehabt. Durch die reine Standzeit sei kein Wertverlust eingetreten, da das am 3.2.1998 zum ersten Mal zugelassene Fahrzeug bei der Beschlagnahme bereits 110000 km gefahren worden sei. Bei einem derartigen Fahrzeug würde ein längerer Zeitablauf keinen Einfluss mehr auf den Wert haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteiverbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger persönlich gehört. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.6.2010, Blatt 164 Bd. I der Akten verwiesen. Ferner hat das Gericht Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 3.1.2011 über die Behauptungen des Klägers zum Wiederbeschaffungswert und der Wertminderung sowie der erforderlichen Kosten für den Einbau der Fahrer- und Beifahrerairbags, des Steuergeräts, des Hauptsteuergeräts, der Innenverkleidungen und Reinigung und Beseitigung der Wasserschäden. Ferner hat es Gegenbeweis über die Behauptung des Beklagten, das keine Wertminderung eingetreten sei, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 30.9.2011, Blatt 1 ff Bd. II der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

I) Die Klage ist zulässig, auch soweit noch Ansprüche nach dem StrEG gerichtet auf Erstattung von Sachverständigenkosten und eine Wertminderung in Höhe von 2500 € geltend gemacht werden.

Nach § 13 Absatz ein Satz 3 StrEG ist das Landgericht für die Entscheidung sachlich zuständig.

Mit dem rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 15.1.2009 liegt als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage nach § 13 StrEG eine rechtskräftige Grundentscheidung des Strafgerichts im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 StrEG vor. Die am 4.11.2009 eingegangene Klage wahrt auch die Dreimonatsfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG ab Zustellung der Entscheidung der Behörde im Justizverwaltungsverfahren. Die Ablehnung der Ansprüche des Klägers durch Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz vom 29.7.2009 ist der Bevollmächtigten des Klägers am 10.8.2009 zugestellt worden. Dem Klageverfahren ist auch das für dessen Zulässigkeit erforderliche abgeschlossene Justizverwaltungsverfahren nach § 10 StrEG vorangegangen. Dieses wurde fristgemäß im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StrEG eingeleitet. Der Antrag vom 8.4.2009 wahrt zudem die 6 Monatsfrist seit Zustellung der Belehrung am 12.2.2009 nach eingetretener Rechtskraft der Grundentscheidung.

II) Die Klage ist in dem Umfang, in dem sie der Kläger unter Einbeziehung der Feststellungen des Sachverständigen noch geltend macht, begründet. Ihm steht ein Anspruch auf Zahlung von 6125,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu.

1) Aus §§ 2 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 4 in Verbindung mit 7 Abs. 1 StrEG steht dem Kläger ein Anspruch auf Wertminderung an seinem früheren Fahrzeug infolge der Sicherstellung vom 15.5.2006 bis zum 12.1.2009 in Höhe von 1850 € zu.

Die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger die durch die Sicherstellung des Pkw verursachten Schäden zu ersetzen, steht durch die rechtskräftige Grundentscheidung des Amtsgerichts Tiergarten in inhaltlicher und formeller Hinsicht bindend fest. Zu ersetzen ist der Vermögensschaden, der nach dem bürgerlichen Recht zu bestimmen ist. Die Vorschriften der §§ 249 ff BGB werden herangezogen, wobei der gemäß § 7 StrEG zu ersetzende Vermögensschaden durch die Verurteilung oder den Vollzug der Maßnahme kausal verursacht worden sein muss, die haftungsbegründende Kausalität ist durch die rechtskräftige Grundentscheidung bereits festgestellt (vergleiche Meyer in StrEG, 7. Auflage, Rn. 11,12 zu § 7 StrEG).

Im Falle der Beschlagnahme eines Gegenbestandes ist eine Differenz zwischen dem marktüblichen Preis, zu dem der Gegenstand veräußert werden sollte und dem Wert nach Rückgabe zu ersetzen, sofern der Preis auf dem einschlägigen Markt gesunken ist. Die Differenz ist dann als Wertverlust, als echter Vermögensschaden erstattungsfähig (Meyer, am angegebenen Ort, Rn. 17 zu § 7 StrEG). Der Kläger wollte das Fahrzeug nach den erfolgten Wiederaufbaumaßnahmen veräußern, wie er es nach Freigabe nach der Sicherstellung und weiteren Reparaturarbeiten auch getan hat. Auch der Beklagte geht im Rahmen seiner Stellungnahme dazu, warum dem Kläger kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht, davon aus, dass der Kläger dieses Fahrzeug nicht für sich nutzen, sondern verkaufen wollte, zumal er weitere Fahrzeuge zur Verfügung hatte.

Entgegen der Ansicht des Beklagten stehen weder das Alter noch die Laufleistung des Fahrzeugs einer eingetretenen Wertminderung infolge des Zeitablaufs entgegen. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige, an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen und der keiner abwegigen oder unlogischen Schlussfolgerungen gezogen hat, führt in seinem Gutachten vom 30.9.2011 aus, dass diese Ansicht unzutreffend ist. Der Sachverständige ermittelte im Rahmen einer durchgeführten Fahrzeugbewertung, die keine Partei angegriffen hat, eine Wertminderung infolge der Standzeit in Höhe von 1.850 €. Dabei hat der Sachverständige auch berücksichtigt, dass das beschlagnahmte Fahrzeug an der rechten Vordertür beschädigt war sowie eine nicht aktivierte Wegfahrsperre und hat weitere Fehlteile in die Bewertung einbezogen. Ebenso hat er den Diebstahlsschaden nach seinen Ausführungen anteilig berücksichtigt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der vom Kläger angegebene Wiederbeschaffungswert von 7.600 € zur Zeit der Beschlagnahme nicht zutrifft, dieser vielmehr 7.100 € betrage. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat der Sachverständige insoweit einen Abzug in Höhe von 750 € von dem Wiederbeschaffungswert, den er auf 6000 € für den Zeitpunkt der Rückgabe schätzte, vorgenommen und so einen Wiederbeschaffungswert zur Zeit der Rückgabe in Höhe von 5.250 € ermittelt. Die Differenz zwischen den beiden Wiederbeschaffungswerten beträgt nach den Ausführungen des Sachverständigen danach 1850 € (7100 € abzüglich 5250). Gegen die Feststellungen des Sachverständigen hat keine Partei Einwendungen erhoben. Für das Gericht ergeben sich keine Anhaltspunkte, an den Ausführungen zu zweifeln.

Dem Kläger steht weiterhin Anspruch auf Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von 3663,60 € zu wegen einer Amtspflichtverletzung gem. §§ 839, 688 ff. BGB i.V. mit Art. 34 GG zu, weil das sichergestellte Fahrzeug nicht gegen Feuchtigkeit geschützt wurde und zur Untersuchung ausgebaute Teile nicht ordnungsgemäß wieder eingebaut bzw. aufbewahrt wurden. Durch die nach erfolgter Sicherstellung vorgenommene Verbringung des Fahrzeugs in die Sicherstellungshalle des Beklagten entstand ein öffentlich-rechtliches Verwahrverhältnis. Abgesehen davon, dass die allgemeine Amtspflicht zum schonenden Umgang mit Gegenständen Dritter und die Verpflichtung besteht, diese nicht zu schädigen, folgt aus der entsprechenden Anwendung von §§ 688 ff BGB (vergleiche dazu Palandt-Sprau, BGB, 67. Auflage, Rn. 13 zu § 688 BGB), die Pflicht, den Pkw gegen Zerstörung, Beschädigung und Verlust zu schützen (vergleiche Palandt-Sprau a.a. 0., Rn. 11 ). Zudem ist in § 1 der allgemeinen Verfügung über die Behandlung der in amtlichen Gewahrsam gelangten Gegenstände der Senatsverwaltung für Justiz geregelt, dass Gegenstände, die in amtlichen Gewahrsam gelangen, vor Verlust, Verderb und Beschädigung zu schützen seien. Insbesondere sei darauf zu achten, dass Gegenstände, die wegen ihrer Beschaffenheit oder ihrer Bedeutung eine besonders vorsichtige Behandlung erfordern, mit entsprechender Sorgfalt behandelt werden. Dieser Pflicht sind die Mitarbeiter des Beklagten nicht nachgekommen. Das Fahrzeug des Klägers war, wie auch die eingereichten Fotos und die Feststellungen des Sachverständigen S… zeigen, verdreckt und es waren Schäden durch Wassereintritt entstanden.

Soweit der Beklagte behauptet, das Fahrzeug hätte auch schon vorher zum Zeitpunkt der Sicherstellung verdreckt gewesen sein können, ergibt sich dies aus dem Protokoll zur Sicherstellung, in dem Schäden des sicher gestellten Fahrzeugs aufgeführt sind, nicht. Der Beklagte hat auch nicht ausgeführt, warum ausgerechnet eine starke Verschmutzung des Fahrzeugs oder eventuelle Wasserschäden nicht in diesem Protokoll aufgeführt sind.

Die fehlende Auflistung der insoweit vom Kläger geltend gemachten Schäden im Übergabeprotokoll nach Aufhebung der Sicherstellung ist kein negatives Schuldanerkenntnis. Unstreitig wurde dieses Formular erst ausgefüllt und danach erfolgte die Übergabe des Fahrzeugs. Der Zustand des an den Kläger zurückgegebenen Fahrzeugs ist in den eingereichten Gutachten detailliert beschrieben, so dass der Kläger seiner erhöhten Darlegungslast, die daraus folgt, dass im Übergabeprotokoll keine Beschädigungen aufgeführt sind, nachgekommen ist. Die Kosten für den Wiedereinbau und die teilweise Erneuerung der ausgebauten Teile sowie die Reinigung hat der gerichtlich bestellte Gutachter, unter Berücksichtigung der Aufstellung, die der zuvor vom Kläger beauftragte Gutachter erstellt hat, überprüft und bis auf geringe Abweichungen bestätigt. Zudem hat er ausgeführt, dass die Kosten für die Erneuerung des Komfortsteuergerätes, die noch nicht in dem zu Grunde liegenden Gutachten des Sachverständigen Schulz aufgeführt sind, vom Kläger mit 300 € netto zutreffend in Ansatz gebracht wurden. Danach sind Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 3663,60 € zur Beseitigung der durch die unsachgemäße Verwahrung des Fahrzeugs entstandenen Schäden erforderlich. Das im Rahmen einer Verwahrung eines PKW kein Wasser in diesen eindringen darf und das Fahrzeug entsprechend zu schützen ist und ausgebaute Teile wieder einzubauen sind, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Gegen die Höhe der Kostenkalkulation hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben.

Diese Reparaturkosten übersteigen auch nicht die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert des Fahrzeuges. Der Wiederbeschaffungswert am Tag der Sicherstellung wurde vom Kläger mit 7600 € angegeben und vom gerichtlich bestellten Sachverständigen mit 7100 € festgesetzt. Zur Zeit der Rückgabe hatte das Fahrzeug noch einen Restwert von 2000 €. Die Differenz in Höhe von 5100 € ist höher als die geltend gemachten Reparaturkosten, so dass der Kläger nicht im Rahmen der ihn betreffenden Schadensminderungspflicht auf eine Abrechnung auf Totalschadensbasis zu verweisen ist.

Den Wiederbeschaffungswert zur Zeit der Beschlagnahme hat der Beklagte nicht erfolgreich angegriffen.

Seine Hinweise auf die gebraucht gekauften Teile mit „Schrottplatzqualität“ verfängt nicht. Beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeuges werden keine neuen Teile vom Fahrzeugverkäufer erwartet. Dass die vom Kläger angeführten eingebauten Ersatzteile den Wert weiter nach unten gesenkt hätten, hat der Beklagte nicht im einzelnen dargetan. Der Einbau neuer Originalteile unmittelbar vor der Sicherstellung des Pkw hätte gegebenenfalls den Wiederbeschaffungswert erhöht. Ein vergleichbares Fahrzeug auch im gleichen Alter hätte auch keine teilweise neuen Bestandteile, von Verschleißteilen einmal abgesehen, die nicht Gegenstand der Schadenspositionen sind, gehabt.

Auch der Hinweis des Beklagten auf den Einbau gestohlener Teile, die einem gläubigen Erwerb entgegenstehen würden geht fehl. Unstreitig haben die Versicherungen der Voreigentümer der gestohlenen Beifahrertür und des Steuergerätes auf ihrer Ansprüche verzichtet, sonst wäre kaum das Fahrzeug mit eingebautem fremden Eigentum an den Kläger herausgegeben worden.

Sowohl bei Ansprüchen nach dem StrEG wie auch bei Ansprüchen aufgrund einer Amtspflichtverletzung sind gemäß § 249 BGB entstandene Vermögensschäden zu ersetzen. Dazu zählen auch die Kosten zur Durchsetzung eines Anspruchs und zur Ermittlung der Schadenshöhe. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die dadurch entstandenen Kosten sind als Teil der Kosten der Rechtsverfolgung erstattungsfähig. Die vom Beklagten angeführte Sachkunde des Klägers und der Hinweis darauf, dass ein Gutachten nicht erforderlich gewesen sei überzeugt nicht, zumal der Beklagte sämtliche Schadenspositionen, Werte und Abrechnungen des Klägers bestritten hat.

Über den noch mit dem Klageantrag geltend gemachten weiteren Betrag war nicht weiter zu entscheiden, weil sich der Kläger die Ausführungen des Sachverständigen ausdrücklich zu eigen gemacht hat und nach Eingang des Gutachtens angeführt hat, ihm stehe danach ein Anspruch in Höhe von 6.125,26 € zu.

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr.1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.