Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: (3) 161 Ss 27/13 (21/13)

In der Strafsache gegen
……,
geboren am … in B., wohnhaft in 10969 B., ….,

[Verteidiger: Rechtsanwalt Olav Sydow, Mehringdamm 32, 10961 Berlin]

wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte u. a. hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 13. Februar 2013 einstimmig beschlossen:

Auf den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichtes wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 13. Dezember 2012 aufgehoben.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 10. September 2012 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

Gründe

Durch Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 10. September 2012 wurde der Angeklagte wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Gegen das in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Urteil legte Rechtsanwalt Sydow namens und in Vollmacht des Angeklagten mit Faxschreiben vom 17. September 2012 Rechtsmittel ein.

Nach der am 15. Oktober 2012 erfolgten Zustellung des Urteils wurde das Rechtsmittel mit am 17. Oktober 2012 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers als Revision bezeichnet. Mit einem beim Amtsgericht per Fax am 15. November 2012 eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers begründete dieser die Revision und rügte, die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Nachdem dieses Faxschreiben vom Amtsgericht nicht zur Akte genommen, sondern vielmehr an die Staatsanwaltschaft Berlin weitergesandt worden war, verwarf das Amtsgericht Tiergarten mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 die Revision des Angeklagten nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig mit der Begründung, dass die Revisionsanträge erst am 16. November 2012, also zu spät angebracht worden seien. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 19. Dezember 2012 beantragte der Verteidiger mit einem beim Amtsgericht am 21. Dezember 2012 eingegangen Schriftsatz die Entscheidung des Kammergerichts, hilfsweise dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren.

1. Der zulässige, insbesondere nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO fristgemäß eingegangene Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 13. Dezember 2012, da die Revisionsanträge (-begründung) nicht wie im angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts aufgeführt erst am 16. November 2012, sondern vielmehr bereits zweifellos am 15. November 2012 und damit innerhalb der Frist gemäß § 345 Abs. 1 StPO beim Amtsgericht angebracht worden waren.

2. Die rechtzeitig eingelegte und begründete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat auch mit der zulässigen Sachrüge (vorläufig) Erfolg.

Das Urteil ist bereits deshalb aufzuheben, da die den getroffenen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung nicht den sich aus § 267 StPO ergebenden Anforderungen entspricht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senates muss nach § 261 StPO im Rahmen der Beweiswürdigung das Gericht die in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung des Angeklagten sowie die Aussagen von Zeugen und sonstige Beweismittel zur Bildung seiner, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung verwerten. Bei einem die Schuldvorwürfe bestreitenden Angeklagten sind deshalb die Äußerungen der Zeugen neben der Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten im Urteil auszuführen und zu würdigen, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob die tatrichterliche Beurteilung auf rechtlich zutreffenden Erwägungen beruht (vgl. Senat, Beschluss vorn 9. Oktober 2000 – (3) 1 Ss 154/00 (53/00) – in Juris). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar gibt es kurz die Einlassung des Angeklagten wieder und, stellt fest, dass dieser die Tatvorwürfe bestritten und lediglich die geäußerten Beleidigungen eingeräumt habe und seine Angaben widerlegt würden durch die Aussagen acht namentlich benannter Zeugen. Deren Aussagen werden jedoch weder konkret ausgeführt noch im Einzelnen gewürdigt. Vielmehr wird lediglich pauschal festgestellt, dass diese Zeugen „den Sachverhalt wie oben festgestellt geschildert haben“, ihre Angaben glaubhaft seien, denjenigen, die sie bereits im Ermittlungsverfahren gemacht hätten, entsprächen und kein Grund ersichtlich sei, dass die Zeugen den ihnen ansonsten unbekannten Angeklagten zu Unrecht belasten sollten.

Dies allein ist unzureichend.

Der Senat hebt daher das Urteil auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück.

Auf die weiteren mit der Revision erhobenen Rügen kommt es daher nicht mehr an.