22. Jul 2015

OLG Köln – Beschluss vom 21.12.2010 – Az. III – 1 RVs 220/10

1. Den Urteilsgründen muss zu entnehmen sein, wie sich der Angeklagte zum Schuldvorwurf eingelassen hat. Fehlt eine, zumindest knapp gefasste Darstellung der Einlassung des Angeklagten, so stellt dies in aller Regel einen materiell-rechtlichen Mangel dar. Nur bei sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann das Gericht auf die Wiedergabe der Einlassung ohne Verstoß gegen seine materiell-rechtliche Begründungspflicht verzichten (Anschluss OLG Düsseldorf, 22. Januar 1985, 5 Ss (OWi) 6/85 – 8/85 I, NStZ 1985, 323).

2. Im Falle der Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt ist der Tatrichter regelmäßig verpflichtet, auch Umstände festzustellen, die geeignet sind, den Schuldumfang näher zu bestimmen und einzugrenzen. Hierzu zählen neben der Höhe der Blutalkoholkonzentration insbesondere die Umstände der Alkoholaufnahme, Anlass und Gegebenheiten der Fahrt sowie Dauer und Länge der bereits zurückgelegten und noch beabsichtigten Fahrstrecke.

3. Besteht die Gefahr des Absinkens der Blutalkoholkonzentration unter rechtlich relevante Grenzwerte durch Zeitablauf, so liegt eine Gefährdung des Untersuchungserfolges i.S.d. § 81a Abs. 2 StPO vor, wenn die Blutentnahme zu einem Zeitpunkt vorgenommen wird, der erheblich von dem abweicht, zu dem mit einer richterlichen Entscheidung gerechnet werden kann.

4. Es liegt kein Beweisverwertungsverbot vor, wenn der die Blutentnahme anordnende Polizist es nicht versucht hat, den zuständigen (Eildienst-) Staatsanwalt zu erreichen.

26. Jul 2015

OLG Hamm – Beschluss vom 02.11.2010 – Az. III-3 RVs 93/10

1. Willigt der Beschuldigte in die Blutentnahme ein, bedarf es keiner Anordnung nach § 81 a Abs. 2 StPO (durch den Richter).

2. Zum Inhalt einer solchen Einwilligungserklärung des Beschuldigten.

3. Bei einem BAK von 1,23 Promille ist ohne Hinzutreten deutlicher Ausfallerscheinungen von der Einwilligungsfähigkeit des Beschuldigten auszugehen.

22. Jul 2015

OLG Frankfurt – Urteil vom 08.11.2010 – Az. 3 Ss 285/10

1. Eine drohende Unterschreitung des Grenzwertes für die absolute Fahruntüchtigkeit kann Gefahr im Verzug begründen.

2. Ein Verwertungsverbot besteht dann nicht, wenn der verteidigte Angeklagte der Verwertung des Ergebnisses der unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt angeordneten Blutentnahme nicht in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung spätestens zu den in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widerspricht. Dies gilt auch dann, wenn der Angeklagte in dieser Instanz freigesprochen wurde.

3. Zur Frage der willkürlichen Annahme von Gefahr in Verzug bei einem bloßen Irrtum im Tatsächlichen.

27. Jul 2015

OLG Celle – Beschluss vom 06.08.2009 – Az. 32 Ss 94/09

1. Die Strafverfolgungsbehörden müssen zur Tagzeit grundsätzlich versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie selbst eine Blutentnahme anordnen. Die Annahme der Gefährdung des Untersuchungserfolgs gemäß § 8a Abs. 2 StPO ist mit Tatsachen zu begründen, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren sind. Bei hohen Atemalkoholwerten (hier: 3,08 o/oo) ist in der Regel hinreichend Zeit zur Einholung einer zumindest fernmündlichen richterlichen Anordnung.

2. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Eilanordnungskompetenz des § 81a Abs. 2 StPO kann im Einzelfall zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Dies ist insbesondere bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder dem Vorliegen eines besonders schweren Fehlers zu bejahen.

22. Jul 2015

OLG Hamm – Beschluss vom 28.04.2009 – Az. 2 Ss 117-09

Wenn auf Grund der rechtmäßig durchgeführten Atemalkoholmessung mit einer Atemalkoholkonzentration von 1,1 o/oo der dringende Tatverdacht eines Trunkenheitsdelikts besteht, führt die unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO getroffene Anordnung einer Blutentnahme durch die Polizei nicht zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot.

26. Jul 2015

OLG Hamm – Urteil vom 12.03.2009 – Az. 3 Ss 31/09

1. Der Richtervorbehalt ist verletzt, wenn ein Polizeibeamter „entsprechend einer langjährigen Praxis“ eine Blutentnahme ohne Einschaltung eines Richters vornimmt, obwohl Gefahr im Verzuge nicht gegeben ist. Der Verstoß gegen den Richtervorbehalt führt in einem solchen Fall zu einem Beweisverwertungsverbot, weil ein objektiv willkürliches Vorgehen beziehungsweise ein grober Verstoß des handelnden Polizeibeamten vorliegt.

2. Das Fehlen des gesetzlich gebotenen Eildienstes bzw. der Erreichbarkeit des Eildienstrichters vermag objektiv Gefahr im Verzuge nicht zu begründen.

28. Jul 2015

OLG Hamburg – Beschluss vom 04.02.2008 – Az. 2 – 81/07 (REV)

1. Zu den Darstellungsanforderungen an die Verfahrensrüge, ein Polizeibeamter habe unter sowohl systematischem als auch einzellfallbezogenem Verstoß gegen den Richtervorbehalt eine Blutentnahme bei dem Beschuldigten angeordnet (hier namentlich bei konkret in Betracht kommendem Nachtrunk).

2. Ist – im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Urteil vom 12. Februar 2007, 2 BvL 273/06, NJW 2007, 1345) zu § 81a Abs. 2 StPO unzulässigerweise – eine Blutprobenentnahme durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft statt durch den zuständigen Richter angeordnet worden, so liegt die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration im wegen Trunkenheit im Verkehr geführten Strafverfahren regelmäßig fern.

3. Jedenfalls findet die so genannte Widerspruchslösung auch bei einer trotz Fehlens von Gefahr im Verzuge durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft angeordneten Blutprobenentnahme Anwendung.

28. Jul 2015

Bundesverfassungsgericht – Beschluss vom 12.02.2007 – Az. 2 BvL 273/06

1. Auch wenn Art 19 Abs 4 GG nicht das Recht auf Überprüfung der richterlichen Entscheidung garantiert, so sichert diese Vorschrift auch insoweit die Effektivität des Rechtsschutzes, als die Prozessordnungen eine weitere gerichtliche Instanz vorsehen (vgl. BVerfG, 30.04.2003, 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395 <401 ff>). Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes fordert vom zur nachträglichen Überprüfung berufenen Gericht, die Voraussetzungen des Exekutivakts vollständig eigenverantwortlich nachzuprüfen.

2. Beruht das Handeln der Exekutive auf der Inanspruchnahme einer originär gerichtlichen Eingriffsbefugnis, so erstreckt sich das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch auf Dokumentations- und Begründungspflichten der anordnenden Stelle. Wurde diese Pflicht nicht beachtet oder versagt das überprüfende Gericht dem Betroffenen eine eigene Sachprüfung, so kann dies eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG begründen (vgl. BVerfG, 03.12.2002, 2 BvR 1845/00, NJW 2003, 2303 <2303 f>). Diese Maßstäbe gelten grundsätzlich auch für Maßnahmen, die nur einem einfachgesetzlichen Richtervorbehalt unterliegen (vgl. BVerfG, 04.02.2005, 2 BvR 308/04, BVerfGK 5, 74 <81>).

3. § 81a Abs 2 StPO behält die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter vor. Zum Zweck des Richtervorbehalts sowie zu den Voraussetzungen der staatsanwaltschaftlichen Eilkompetenz vgl. BVerfG, 20.02.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142 <151>.
Vor der Anordnung einer Blutentnahme müssen die Strafverfolgungsbehörden daher regelmäßig versuchen, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen (vgl. BVerfG, 23.01.2004, 2 BvR 1109/01, BVerfGK 2, 254 <257>). Die Voraussetzungen der Eilkompetenz müssen mit einzelfallbezogenen Tatsachen begründet und grundsätzlich dokumentiert werden (vgl. BVerfG aaO, BVerfGK 5, 74 <79>).

4. Hier: Zum einen wurden die einzelfallbezogenen Tatsachen, die im vorliegenden Fall Gefahr im Verzug begründen sollten, nicht in den Ermittlungsakten dokumentiert. Zum anderen gingen die Fachgerichte trotz Rüge des Beschuldigten nicht auf die Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft ein. Es ist nicht ersichtlich, dass eine richterliche Anordnung nicht hätte eingeholt werden können.

29. Dez 2014

Amtsgericht Zossen – Urteil vom 06. November 2014 – Az. 3 C 201/14 – Haftung bei Vorfahrtsverletzung

1.) Bei Verstoß gegen Vorfahrtsgewährungspflicht nach § 8 StVO alleinige Haftung des dagegen verstoßenden Fahrzeugführers.

2.) Da neben der vom Beklagtenfahrzeug befahrenen „Ringstraße“ auch die vom Klägerfahrzeug befahrene „Ausfahrtsstraße“ Straßencharakter galt der Grundsatz „rechts vor links“. Diese „Ausfahrt“ vom Parkplatz ist dem öffentlichen Verkehr zugänglich. Sie dient nach ihrer Lage und ihrem Charakter dem fließenden und durchgehenden Verkehr.