3. Jun 2016

Kammergericht – Beschluss vom 06.05.2016 – Az. (4) 121 Ss 56/16 (69/16) – Aufhebung Urteil AG Tiergarten

1. Anforderungen an die Bewertung des Sachverhalts durch den Tatrichter bei mehrfachem Tankbetrug unter Verwendung eines falschen Kennzeichens.

2. Für die Verhängung eines Fahrverbots als Nebenstrafe ist es nicht erforderlich, dass die Anlasstat Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter ausweislich seines Verhaltens bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.

3. Okt 2019

Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer – Urteil vom 9. Dezember 2015 – Az. 630 Ds 290/15 – Keine Entziehung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt

Eine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist nicht gegeben. Insbesondere aufgrund der dem Gericht eingereichten Abstinenznachweise hat die Angeklagte gezeigt, dass sie aus der in Rede stehenden Tat gelernt hat, diese bereut und sich künftig anders verhalten wird. Es liegen daher nicht die Voraussetzungen aus §§ 69, 69a StGB vor.

29. Aug 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 1. Dezember 2015 – Az. 307 Cs 160/15 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,15 Promille BAK

Der Angeklagte hat sich nach den rechtskräftigen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 10.08.2015 gemäß § 316 Abs. 1 und Abs. 2 StGB wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht, indem er am 24.06.2015 fahruntauglich infolge Alkoholgenusses bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,15 Promille zur Zeit der Blutentnahme ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führte.

Von Fahrerlaubnismaßnahmen konnte ausnahmsweise abgesehen werden, da sich der Angeklagte nach der Tat freiwillig und erfolgreich einer knapp 5-monatigen Langzeit-Rehabilitation bei der IVT-Hö Berlin-Brandenburg, einer anerkannten Organisation für Verkehrstherapie, unterzogen hat und darüber hinaus bis zum 07.01.2016 an einem 6-monatigen Alkohol-Abstinenz-Kontroll-Programm und an einem psychotherapeutischen Nachsorge-Programm teilnimmt. Die erfolgreiche Teilnahme an dem Programm konnte der Angeklagte in der Hauptverhandlung durch Bescheinigungen des IVT -Hö-lnstituts vom 30.11.2015 bzw. der pima-mpu GmbH vom 30.11.2015 belegen.

29. Aug 2018

Amtsgericht Potsdam – Urteil vom 29. Oktober 2015 – Az. 71 Ds 146/15 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,71 Promille BAK

Am 14.6.2015 befuhr der Angeklagte gegen 0.48 Uhr mit dem Pkw Opel, amtliches Kennzeichen: B-. …. , unter anderem die Friedrich-Engels-Straße in Potsdam, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke absolut fahruntüchtig war, was er jedenfalls hätte erkennen können. Eine ihm am 14.6.2015 um 2.37 Uhr entnommene Blutprobe enthält eine Blutalkoholkonzentration von 1,71 ‰.

2. Sep 2018

Amtsgericht Königs Wusterhausen – Urteil vom 3. Juli 2015 – Az. 2.3 Ds 8/15 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,71 Promille BAK

Von der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 StGB hat das Gericht abgesehen, weil die Angeklagte nach Absolvierung der verkehrspsychologischen Schulung nicht mehr als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist.

Sie hat sich ausweislich der eingereichten Schulungsbescheinigung und der Zertifikate eingehend mit ihrem Alkoholproblem, seinen Ursachen und den daraus resultierenden Problemen gefasst und andere Problembewältigungsstrategien erlernt. Sie konsumiert derzeit keinen Alkohol mehr, wie sie durch das Alkoholscreening nachgewiesen hat.

Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass von der Angeklagten keine weiteren Gefahren im Straßenverkehr ausgehen.

12. Sep 2018

Amtsgericht Diepholz – Urteil vom 21. April 2015 – Az. 9 Cs 180/14 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,49 Promille BAK

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Angeklagte am 30.07.2014 gegen 0.25 Uhr mit seinem PKW Mercedes Benz, Typ … mit dem amtlichen Kennzeichen ..-.. .. in Lembruch die Bundesstraße 51 befuhr. Er war alkoholbedingt nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug sicher zu führen. Für die Blutentnahmezeit von 0.45 Uhr wies der Angeklagte eine Blutalkoholkonzentration von 1,49 g Promille auf.

Unmittelbar nach dem Vorfall hat der Angeklagte die Alkoholfahrt aufgearbeitet und eine Individualpsychologische Verkehrstherapie [IVT-Hö] durchlaufen. Darüber hinaus hat er in der Zeit vom 12.09.2014 bis 12.10.2014 in Osnabrück bei der Nord-Kurs TÜV Nord Group an einer weiteren verkehrspsychologisch fundierten Maßnahme zur Förderung der Fahreignung teilgenommen.

Dies war zugunsten des Angeklagten insgesamt zu berücksichtigen, so dass es hier ausreichend erschien, auf ein 3-monatiges Fahrverbot zu erkennen, auf das die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis und Sicherstellung des Führerscheins anzurechnen war.

17. Jan 2018

Amtsgericht Schleswig – Urteil vom 27.02.2015 – Az. 21 C 60/14 – Erstattungsfähigkeit von privatärztlichen Behandlungskosten von gesetzlich krankenversicherter Unfallverletzter

1. Die Beklagten haben die Kosten der privatärztlichen Behandlung zu bezahlen. Deren Ersatzfähigkeit hängt bei gesetzlich krankenversicherten Verletzten von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist insoweit, ob die privatärztliche Behandlung aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erscheint, insbesondere nach Art der Verletzung und dem Lebensstandard des Verletzten

2. Die Inanspruchnahme der privatärztlichen Behandlung ist im Fall der Klägerin nicht zu beanstanden und kann auch im Hinblick auf die Höhe der Kosten nicht als unwirtschaftlich angesehen werden. Die Blockaden wurden durch den Arzt erfolgreich behoben. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bereits vorher bei dem privat liquidierenden Arzt in Behandlung war, entsprach die Konsultation dieses Arztes auch ihrem bisherigen Lebensstandard.

21. Apr 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 1. Februar 2013 – Az. 297 Cs 233/12 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,63 Promille BAK

Der Angeklagte hat die Straftat mit einer Blutalkoholkonzentration von etwa 1,63 Promille begangen. Damit war der Grad der absoluten Fahruntüchtigkeit erreicht. Es handelte sich um eine Fahrlässigkeitstat.

Im Rahmen der zu treffenden Prognose war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte mit großem Erfolg an einer verkehrstherapeutischen Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen und sich entschlossen hat, langfristig abstinent zu leben.

Darüber hinaus muss explizit berücksichtigt werden, dass der Angeklagte seit der fraglichen Tat vollkommen abstinent lebt. Dies hat er im Rahmen des Abstinenzprogramms in zwei unangekündigten Urinkontrollen nachgewiesen. Die Bereitschaft zur angestrebten dauerhaften Veränderung wird auch daran deutlich, dass sich der Angeklagte weiterhin freiwillig im – kostenpflichtigen – Abstinenzprogramm der “ … GmbH“ befindet.

19. Feb 2019

Amtsgericht München – Urteil vom 19. April 2011 – Az. 155 C 33545/10 – Berechnung der Nutzungsentschädigung nach Rückabwicklung eines Leasingvertrages für BMW 320i

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um ein Fabrikat, das typischerweise, auch wenn es im vorliegenden Einzelfall gerade anders war, von guter und haltbarer Qualität. Zwischenzeitlich geht die Rechtsprechung insoweit von 250.000 Kilometern Nutzungsmöglichkeit aus (vgl. OLG Köln NJW .2007, 1694). Das ist nach jahrzehntelanger Lebenserfahrung des erkennenden Richters (so zuletzt auch OLG Köln NJW-RR · 2011, 61 ), jedenfalls für das Baujahr und den Typ des streitgegenständlichen Fahrzeugs auch realistisch.

Anlass, ein Sachverständigengutachten einzuholen besteht im Rahmen von § 287 ZPO nicht (so auch OLG Köln a.a.O.; vgl. auch vgl. BGH NJW 1995, 2159; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2008, Rdnrn. 1455, 1457).

26. Jul 2015

OLG Bamberg – Urteil vom 22.03.2011 – Az. 3 Ss 14/11

1. Verweigert der Beschuldigte die Mitwirkung an einem freiwilligen Atemalkoholtest und fehlen auch sonstige eindeutige Anhaltspunkte für einen Alkoholisierungsgrad außerhalb eines rechtlich relevanten Grenzwertes, ist die polizeiliche Ermittlungsperson jedenfalls dann zur Anordnung der Blutprobenentnahme wegen Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung nach § 81 a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 StPO berechtigt, wenn von einem sog. Nachtrunk auszugehen oder ein solcher nicht auszuschließen ist (u.a. Anschluss an OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2008 – 1 Ss 226/07 = NJW 2008, 2597 ff. = StV 2008, 454 ff.).

2. Die rechtliche Frage nach der Existenz eines Beweisverwertungsverbots stellt sich erst dann und nur dann, wenn eine originäre polizeiliche Anordnungszuständigkeit nach § 81 a Abs. 2 StPO entweder schon wegen Fehlens der materiellen Eingriffsvoraussetzungen des § 81 a Abs. 1 StPO oder wegen Fehlens der formellen Voraussetzungen des § 81 a Abs. 2 StPO nicht bestanden hat und sich die Maßnahmeanordnung der Blutentnahme – wegen des Verstoßes gegen die Beweiserhebungsvorschrift des § 81 a StPO aufgrund der unberechtigten Annahme von „Gefahr im Verzug“ und damit einer tatsächlich nicht gegebenen polizeilichen Eilanordnungskompetenz – zusätzlich insbesondere als (subjektiv oder objektiv) willkürlich oder als gezielte Umgehung oder Ignorierung des Richtervorbehalts oder als ein gleichgewichtiger sonstiger besonders schwerwiegender Fehler darstellt (u.a. Anschluss an BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats vom 24.02.2011 – 2 BvR 1596/10; BVerfG NJW 2008, 3053 f.; BGHSt 44, 243/249; 51, 285/289 ff.; OLG Naumburg, Beschluss vom 07.02.2011 – 1 Ss 38/10).

3. Ist die polizeiliche Eilanordnungskompetenz berechtigt in Anspruch genommen und deshalb bereits nicht gegen die Beweiserhebungsvorschrift des § 81 a StPO verstoßen worden, folgt ein Beweisverwertungsverbot auch nicht daraus, dass kein Versuch zur Erlangung einer Entnahmeanordnung durch einen fernmündlich erreichbaren (Ermittlungs-) Richter unternommen wurde.

4. Außerhalb der zur konkreten Umsetzung einer nach § 81 a Abs. 2 StPO getroffenen Maßnahmenanordnung wegen verzögerungsbedingter Gefährdung des Untersuchungserfolges sieht § 81 a StPO ein eigenständiges Festhalte- oder Festnahmerecht der polizeilichen Ermittlungsperson nicht vor.

26. Jul 2015

OLG Hamm – Beschluss vom 20.02.2011 – Az. III-3 RVs 104/10

1. Mindestfeststellungen zur inneren Tatseite sind aber auch bei einfach gelagerten Trunkenheitsfahrten zu fordern.

2. Auch bei alkoholischen Beeinflussungen oberhalb von 2 o/oo BAK ist es möglich, dass der Beschuldigte den Sinn und die Tragweite der Einwilligung in die Blutprobenentnahme nach § 81 a StPO erkennt. Hierzu bedarf es jedoch einer näheren Darlegung der insoweit relevanten Umstände, etwa des Vorhandenseins von Ausfallerscheinungen, des vorangegangenen Trinkverhaltens, der Trinkgewohnheiten und ggf. weiterer Umstände, die Anhaltspunkte für die Beurteilung einer Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten des Beschuldigten aufgrund der gegebenen Alkoholisierung darstellen.