25. Sep 2019

Amtsgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 11. September 2019 – Az. 906 Cs 422 Js 3755/19 – Keine Entziehung der Fahrerlaubnis nach Unfall mit 2,09 Promille BAK

Der Angeklagte befuhr am 14.1.2019 gegen 16:30 Uhr mit dem PKW Audi 07, amtliches Kennzeichen F -….., die B8 in Richtung Frankfurt am Main Höchst auf dem linken von zwei Fahrstreifen. Die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten betrug zur Entnahmezeit um 18:44 Uhr sowie zum Tatzeitpunkt mindestens 2,09 ‰. Der Angeklagte fuhr in Höhe von Kilometer 120,000 auf das von dem Zeugen …… S…….. geführte Fahrzeug im MTK – ….. auf, wobei ein Fremdschaden i.H.v. 3.943,83 € entstand.

Von der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB sah das Gericht ausnahmsweise ab, da es den Angeklagten zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht mehr als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansah. Der Angeklagte hat sich unmittelbar nach dem Unfall in psychotherapeutische Behandlung begeben. Er hat 11 Beratungsstunden, 54 Einzeltherapiestunden und 37 Gruppentherapiestunden absolviert. Hierfür wendete er insgesamt 4.876 € auf. ln der Zeit vom 12.8.2019 bis zum 10.9.2019 nahm der Angeklagte sechs psychologische Einzelberatungssitzungen und vier Gruppengespräche bei einem Verkehrspsychologen in Anspruch. Des Weiteren legte er Abstinenznachweise vom 18. Februar, 25. Juni und 12. August vor. Zudem konnte der Angeklagte in der Hauptverhandlung glaubhaft machen, dass er nach dem Unfall einen Lebenswandel vollzogen hat. Daher geht das Gericht davon aus, dass sich der Angeklagte über die Gefahren des Alkoholkonsums im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges bewusst geworden ist und mit entsprechenden Situationen, die ein unkontrolliertes Trinkverhalten begünstigen, besser umgehen kann. Der Angeklagte stellt daher keine Gefahr für den Straßenverkehr mehr dar.

19. Dez 2019

Landgericht Berlin – Urteil vom 07. August 2019 – Az. 559 Ns 45/19 – Ordnungswidrigkeit bei Fahrt mit 0,91 Promille BAK und überhöhter Geschwindigkeit

Der Angeklagte befuhr mit seinem Personenkraftwagen am 29.11.2018 gegen 0.30 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,91 Promille Ethanol im Vollblut, ohne fahruntüchtig zu sein, die Buckower Chaussee, wobei er zwischen der Kreuzung Zehrensdorfer Straße bis zur Kreuzung mit dem Mariendorfer Damm zeitweise mindestens 81 km/h fuhr.

Daß der Angeklagte nicht fahruntüchtig war, ergibt sich daraus, daß bei einer Blutalkoholkonzentration unterhalb der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille) hier keine Umstände einer Fahruntüchtigkeit erwiesen sind (vgl. Fischer, StGB, § 316 RNr. 25 und 30). Die überhöhte Geschwindigkeit von 81 km/h statt erlaubter 50 km/h und die verzögerte Wahrnehmung bzw. Reaktion auf die optischen und akustischen Haltsignale des ihm folgenden Polizeifahrzeugs stellen weder für sich noch zusammen genommen alkoholtypische Ausfallerscheinungen dar.

Eine Überschreitung der erlaubten innerörtlichen Geschwindigkeit um 31 km/h nachts ohne besondere Gefahrfaktoren wie Regen oder schärfere Kurven zeigt kein über die auch ohne Alkoholgenuß im Straßenverkehr zu erlebende Risikobereitschaft hinausgehendes alkoholbedingtes Potential auf, wenn man berücksichtigt, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen generell auch ohne Alkoholeinfluß im Straßenverkehr häufig und auch in der Größenordnung von 31 km/h bei nächtlichen Straßenverhältnissen nicht selten sind; daß hier keine besonderen Risikofaktoren wie nasse Fahrbahn oder wesentliche Kurven unalkoholisierte Fahrer zu einer geringeren Risikobereitschaft veranlaßt hätten und daß der Angeklagte seine Geschwindigkeit anpaßte, wie seine Verlangsamung am Bahnübergang und sein Stop an der roten Ampel zeigte.

24. Dez 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 17. Oktober 2018 – Az. 304 Cs 145/18 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,38 Promille BAK

Dem Angeklagten wird für die Dauer von 3 (drei) Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot gilt durch die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis und der Beschlagnahme als verbüßt.

Der Angeklagte hat nach der vorgeworfenen Tat erfolgreich an einem Abstinenzkontrollprogramm teilgenommen und eine verkehrspsychologische sowie psychotherapeutische Behandlung begonnen hat, um von ihm erkannte emotionale Defizite aufzuarbeiten, die in der Vergangenheit in Konfliktsituationen zu übermäßigem Trinken geführt haben.

18. Jul 2018

Amtsgericht Königs Wusterhausen – Urteil vom 28. Mai 2018 – Az. 2 Ds 220/18 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 2,00 Promille BAK

Von der Entziehung der Fahrerlaubnis hat das Gericht abgesehen, da der Regelfall des § 69 Abs. I und 2 Nr. 2 StGB zum Zeitpunkt der Verurteilung aufgrund der erfolgreich abgeschlossenen Therapie und der nachgewiesenen Abstinenz sowie der glaubhaften Einlassung des Angeklagten widerlegt war. Von der Verhängung eines Fahrverbots nach § 44 StGB wurde abgesehen.

31. Mrz 2018

OLG Hamburg – Beschluss vom 19.02.2018 – Az. 2 Rev 8/18 – 1 Ss 1/18 – Positiver Wirkstoffbefund für Betäubungsmittelkonsum reicht für Verurteilung wegen einer Straftat nach § 316 StGB allein nicht aus

Anders als bei Alkoholfahrten ergibt sich für eine Verurteilung wegen einer Straftat nach § 316 StGB in Abgrenzung zu § 24a Abs. 2 StVG der Nachweis der Fahruntüchtigkeit nicht allein schon aus einem positiven Blutwirkstoffbefund hinsichtlich Betäubungsmittelkonsums, vielmehr bedarf es regelmäßig weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen.

28. Jul 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 16. Oktober 2017 – Az. 342 Ds 15/17 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,55 Promille BAK

Zunächst sprechen der ganz erhebliche zeitliche und finanzielle Aufwand der Therapie für den ernsthaften Willen des Angeklagten, eine wirklich nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen.

Hinzu kommt, dass er durch Abgeben einer Haarprobe und die regelmäßige Teilnahme an einem ETG-Urin-Screening-Programm seine Alkoholabstinenz für die Zeit von ungefähr Anfang April bis Mitte Oktober 2017 nachgewiesen hat.

Insbesondere aber hat er sich in der Hauptverhandlung in Bezug auf die psychischen Ursachen und möglichen Folgen seines Fehlverhaltens in hohem Maße reflektiert und einsichtig gezeigt, so dass auch von einem tatsächlichen Erfolg seiner Therapiebemühungen auszugehen war. Danach vermochte das Gericht zum Urteilszeitpunkt keine charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten, der acht Monate auf seinen Führerschein verzichten musste, zum Führen von Kraftfahrzeugen mehr festzustellen.

11. Feb 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 3. August 2017 – Az. 315 Cs 75/17 – Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei 1,86 Promille BAK

Aufgrund der abgeleisteten Therapiestunden, der erfolgreichen Teilnahme am Abstinenzprogramm und der umfassenden Auseinandersetzung mit der Tat und ihrem Auslöser war hier aufgrund der Prognoseentscheidung der Angeklagte zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

Gemäß § 44 StGB war neben der verhängten Geldstrafe ein Fahrverbot auszusprechen. Dabei hat sich das Gericht an der Vorschrift des § 44 Abs. 1 S. 2 StGB orientiert. Hiernach ist ein Fahrverbot in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach § 316 StGB die Entziehung der Fahrerlaubnis unterbleibt. Unter Abwägung aller Umstände erscheint ein Fahrverbot von 3 (drei) Monaten als tat- und schuldangemessen.

Durch die Einbehaltung des Führerscheins ist das verhängte Fahrverbot gemäß § 51 Abs. 1 und 5 StGB durch Anrechnung bereits vollständig vollstreckt.

13. Jan 2018

Amtsgericht Tiergarten – Urteil vom 14. Juli 2017 – Az. 304 Ds 44/15 – Freispruch wegen versuchtem Betrug

Die Auswertung der Gegebenheiten des Ereignisortes und des geschilderten Abbiegevorganges haben gezeigt, dass unter Berücksichtigung winterglatter Fahrbahnverhältnisse ein Rutschen in Richtung des geparkten Mercedes möglich gewesen sein kann, durch welches der Opel Corsa mit dem Schadensbereich am Mercedes in Kontakt gekommen sein konnte. Daher war der geschilderte Unfallhergang nicht widerlegbar.

15. Sep 2016

OLG Karlsruhe – Beschluss vom 06.10.2016 – Az. 3 (5) Ss 473/16 – AK 199/16 – Aufhebung Urteil LG Konstanz

Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens und zur eigenen Sachkunde des Gerichts in der Frage, ob die Teilnahme des Angeklagten an einem Nachschulungskurs oder an einer psychotherapeutischen Behandlung erfolgreich war und den gesetzlich vermuteten Eignungsmangel (§ 69 Abs. 2 StGB) hat ausräumen können.

Erforderlichkeit der Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens auf Hilfsbeweisantrag des Verteidigers nachdem der Angeklagte fast 180 Therapiestunden in akkreditierter Einrichtung zur Durchführung von „Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung“ absolviert hat.

Erforderlichkeit der Darstellung der eigenen Sachkunde des Gerichts bei Ablehnung eines Antrags auf Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens auf Hilfsbeweisantrag des Verteidigers.